Superman war (neben Batman) schon immer mein Lieblings-Superheld. Ich habe „Die Abenteuer von Lois & Clark“ verschlungen und auch „Smallville“ fand ich sehr stark, sowie natürlich besonders die alten Reeve-Filme (zumindest die ersten beiden) und hatte mich daher nach dem „Superman Returns“-Desaster enorm auf „Man of Steel“ gefreut. Zumal ich auch die Kombi aus Regisseur Snyder und Produzent/Co-Autor Nolan genial fand, die mit „Watchmen“ bzw. „The Dark Knight“ die bisher besten Comic-Verfilmungen geschaffen haben. Und er hatte auch einige gute Ansätze, aber am Ende war ich leider doch wieder etwas enttäuscht, wenn auch längst nicht so massiv wie bei seinem Vorgänger.
Über die Story brauche ich vermutlich nicht mehr viele Worte zu verlieren. Als der Planet Krypton kurz vor dem Untergang steht und zudem der größenwahnsinnige General Zod einen Putschversuch gegen den Ältestenrat startet schickt der Wissenschaftler Jor-El seinen Sohn Kal-El mit einer Rettungssonde auf die Erde. Dort wird der Junge vom Farmer-Ehepaar Kent gefunden, adoptiert und als Clark Kent großgezogen, doch schon bald stellt sich heraus, dass Clark übermenschliche Kräfte und Fähigkeiten besitzt. Zod, der Jor-El im Gefecht getötet hatte, wird derweil mit seinen Mitstreitern in die sogenannte Phantomzone verbannt, wodurch diese aber neben Kal-El als einzige Kryptonier den Untergang ihres Planeten überleben.
Rund 30 Jahre nach Clarks Landung kommt die Reporterin Lois Lane ihm und seinen bis dato vollbrachten Heldentaten auf die Spur. Währenddessen findet auch Zod heraus, wo Kal-El gelandet ist und greift die Erde an um ihn zu vernichten und aus dem blauen Planeten via Terraforming ein neues Krypton zu schaffen. Nachdem Kal-El der Welt seine wahre Identität preisgegeben hat tritt er den Kampf gegen Zod und seine Gefolgsleute an. …
Soweit so gut, die Grundstory bleibt dabei wie in den diversen Serien und Filmen unangetastet, fügt ihr aber wie diese auch einige spannende und interessante Neuerungen hinzu.
Und nach den Trailern und der bisherigen Handschrift der Macher zufolge hatte ich auch einen kompletten Reboot mit einer kontinuierlichen erhellenden Storyentwicklung à la „Batman Begins“ bzw. ähnlich der Serie „Smallville“ erwartet. Also eine ausführliche Charakterzeichnung von Clarks Jugendjahren in denen er nicht weiß was mit ihm los ist und warum er solche Kräfte besitzt bis hin zur Entdeckung, dass er ein Außerirdischer und der (vermeintlich) Letzte seiner Rasse ist, der alle seine Superkräfte daraufhin zum Wohle der Menschheit einsetzt. All dies wäre auch aufgrund der relativ langen Laufzeit von knapp 2 1/2 Stunden machbar gewesen. Und der Beginn erfüllt diese Erwartungen auch noch.
Denn noch nie zuvor wurde der Untergang Kryptons und die Beweggründe Jor-Els so ausführlich dargestellt wie in „Man of Steel“. Doch dann, nachdem Kal-El auf der Erde angekommen ist, werden die eigentlich wichtigen prägenden Jugendjahre die Clark (auch charakterlich) zu dem „Supermann“ machen der er später sein wird nur in wenigen kurzen Flashbacks abgehakt und ein wirklich mehr als unnötiger Zeitsprung gemacht. Dafür lässt Snyder ihn, wie sein jetziger Produzent Nolan einst den jungen Bruce Wayne, durch die Lande streifen und diverse Heldentaten vollbringen. Die Idee ist zwar grundsätzlich nicht verwerflich, nein wäre im Grunde sogar eine sinnvolle Ergänzung zu Clarks Teenie-Zeit, doch wirkt das in dieser Machart irgendwie fehl am Platz. Hatte sich Nolan also mit der Entwicklung von Bruce Wayne zu Batman noch die nötige Zeit gelassen, so wird das hier alles in einem doch relativ unausgegorenen Mix in Windeseile durchgenudelt. Da wurde sogar im 1978er-Original von Richard Donner mehr Raum für Storyentwicklung gelassen.
Und so kam dann was kommen musste. Die restliche Laufzeit und den somit größten inhaltlichen Raum nehmen leider die Action und der Kampf gegen Zod ein. Dieses Verfahren hat mich schon bei „The Avengers“ massiv gestört und erst recht bei meinem Comic-Liebling.
Den einzigen echten Schnitzer, den Goyer in seinem Drehbuch, ja ich möchte beinahe sagen, verbrochen hat, war aber der finale Kampf gegen Zod.
* Vorsicht kleiner Spoiler *
Denn hier tötet Kal-El Zod am Ende eigenhändig, was eigentlich im kompletten Gegensatz zu „Supermans“ moralischer Weltanschauung stehen sollte und dies in den Comics und den anderen Adaptionen auch tut! Denn der Kryptonier Kal-El der als „Mensch“ Clark Kent großgezogen wurde, mit sich hadert, nicht als Freak gesehen werden möchte, also am liebsten wirklich ein einfacher ganz normaler Mensch sein will, dieser Junge stellt sich am Ende seinem Schicksal und nutzt seine Kräfte zum Wohle der Menschheit. Er besinnt sich auf sein wahres Ich und handelt in vorbildlicher Weise. Das „S“ auf seinem Anzug das ihm den Namen Superman einbringt stand schließlich auf Krypton auch für „Hoffnung“ (und das wird sogar bei „Man of Steel“ aufgegriffen!). Superman, der eigentlich immer nur ein Mensch sein wollte, lebt daher den Menschen zumindest ein besseres Leben vor, er wird zu ihrem Leuchtturm, ihrem Idol.
Tarantino beschreibt das ja auch in „Kill Bill Vol. 2“ wunderbar. Alle anderen Superhelden (zumindest im DC-Kosmos!) sind eigentlich normale Bürger, nehmen aber für ihre Heldentaten ein Alter Ego an. Bei Superman ist das als Einzigem genau andersherum. Er IST Superman und schafft sich mit Clark Kent in Metropolis nur ein Alter Ego um wenigstens phasenweise unerkannt als „normaler“ Bürger leben zu können.
Niedere Instinkte sind Superman daher also vollkommen fremd. Und dazu gehört auch das Töten seiner Gegner. Wer sich mal die alten Filme etc. genauer anschaut wird festestellen, dass Superman seine Gegner und Feinde immer nur ins Gefängnis bringt, oder sie wahlweise ihrer eigenen Kräfte beraubt, bzw. ab und an auch nicht helfend einschreitet wenn sie in Lebensgefahr sind. Er vergießt dabei aber niemals selbst aktiv (!) Blut. Superman ist somit das Pendant zu den gebrochenen Helden wie Batman alias Bruce Wayne oder Spiderman alias Peter Parker im Marvel-Universum. Er ist der strahlende Held, der Ritter ohne Fehl und Tadel. Doch dieses Image bekommt bei „Man of Steel“ jetzt einen leichten Kratzer. Er ist nun (zumindest für mich) eben nicht mehr gänzlich ohne Fehl und Tadel, auch wenn er seine Tat hier natürlich bereut und einen starken inneren Kampf mit sich führt (s.o. Szenenbild).
* Spoiler Ende *
Die Schlussszene hat mich aber wieder einigermaßen versöhnt. Wenn zum ersten Mal Clark Kent als Praktikant mit Brille im „Daily Planet“ auftaucht hat das schon einen echt magischen Moment.
Klammert man mal die Story-Probleme aus, bekommt man natürlich allerfeinstes Blockbuster-Kino mit wahnsinnig guten Effekten sowie einem toll aufspielenden Cast geboten (allen voran natürlich Titelfigur Cavill, aber auch Crowe, Lane und Schiff, sowie Kostner als absolut perfekter Jonathan Kent), einzig Michael Shannon bleibt etwas hinter seinem Können zurück, die Rolle des Zod gibt eigentlich noch mehr her, wie bereits Terence Stamp in den 70ern eindrucksvoll bewiesen hat. Und mit Antje Traue hat es endlich auch mal wieder eine deutsche Schauspielerin zu einer größeren Nebenrolle gebracht. 🙂
Zudem muss man auch die handwerklich einwandfreie Kameraarbeit von Mokri sowie den wie immer genialen Score von Hans Zimmer erwähnen (wenn auch die „Superman Fanfare“ von John Williams natürlich auf immer unerreichbar bleibt).
„Man of Steel“ ist also ein perfekter Film für reine Bombastfreunde, wer aber auch nach etwas Anspruch wie bei „The Dark Knight“ oder den letzten „Star Trek“-Filmen sucht muss damit rechnen hier etwas enttäuscht zu werden.
USA/GB 2013 – 2 Std. 23 Min.
Regie: Zack Snyder
mit: Henry Cavill, Amy Adams, Michael Shannon, Russell Crowe, Diane Lane, Laurence Fishburne, Antje Traue, Ayelet Zurer, Richard Schiff, Harry Lennix, Christopher Meloni, Michael Kelly & Kevin Costner
Genre: Comic-Fantasy, Action