Die Actionthriller-Sparte ist neben Science-Fiction und Western eine weitere Filmspezies, von der ich bekanntermaßen nicht der allergrößte Freund bin, weil darin zumeist jede Form von Anspruch fehlt. Aber inzwischen habe ich gelernt, so vielen Filmen wie möglich zumindest eine Chance einzuräumen – und dies war heute erneut der Fall. Der spanische Regisseur Collet-Serra hat bereits mit seinem unmittelbaren Vorgänger „Unknown Identity“ einen recht passablen Vertreter des Genres abgeliefert, war allerdings auch schon für den in meinen Augen an Schrecklichkeit kaum zu überbietenden „House Of Wax“ verantwortlich. Daher stand ich seinem neuesten Thriller verhältnismäßig unvoreingenommen gegenüber und muss gestehen, dass mein Kinobesuch letztlich der wunderbaren Julianne Moore zu verdanken war.
In „Non-Stop“ geht es um einen Flugsicherheitsbegleiter in desolatem Zustand (Liam Neeson), der während eines transatlantischen Fluges von New York nach London eine rätselhafte Drohung per SMS erhält. Sollten nicht sofort 150 Millionen US-Dollar auf ein Konto transferiert werden, würde im 20-Minuten-Takt jeweils einer der Passagiere zu Tode kommen. Alles lässt auf ein schier undurchschaubares Komplott an Bord schließen, das sich schnell zuspitzt, sodass der Marshall selbst aufgrund seines rabiaten Vorgehens unter Verdacht gerät und in welchem auch eine Bombe eine Rolle spielen wird. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten…
In Bezug auf die Thematik wird sicherlich das Rad nicht neu erfunden, denn gleich in mehreren Belangen erinnert „Non-Stop“ doch stark an (den von mir geschätzten) „Flight Plan“ aus dem Jahr 2005. Allerdings ist den beiden Thrillern in luftiger Höhe gemein, dass sie eine Vielzahl an dramatischen Momenten bereithalten, die wohl sehr gewollt verwirren wollen. Als potentielle Drahtzieher des mutmaßlichen Attentats kamen zwischenzeitlich annähernd zwanzig Leute in Frage – und insbesondere dies lässt die Atmosphäre rasch in nervenaufreibende Sphären anschwellen. Die optimale Laufzeit verging jedenfalls … (Achtung!) … wie im Flug! 😀 Bis zur schlussendlichen Auflösung der Handlung war ich wirklich uneingeschränkt zufrieden und mitgerissen. Doch leider enttäuschte der Schluss gleich in mannigfacher Weise. Auch wenn ich, gerade in Bezug auf Luftfahrzeuge und deren Technik nur mit Halbwissen aufwarten kann, erscheinen manche Ereignisse im finalen Akt doch sehr weit hergeholt und entbehren jedweder physikalischer und psychischer Logik. In erster Linie störte und verärgerte mich der beinahe banale Beweggrund des letztendlichen Täters zutiefst.
Der in der Tat überaus effektvolle Schnitt sowie der Einsatz des Tons und der visuellen Effekte im letzten Drittel sind dagegen aus meiner Sicht bis zur absoluten Perfektion gelungen und auch manche Arten der Darstellung, speziell das direkte Aufzeigen der stetigen SMS-Korrespondenzen für den Zuschauer gefiel mir ausgesprochen gut, während die Kameraarbeit bisweilen etwas zu nervös geraten ist. Die Filmmusik fiel mir weder positiv noch negativ auf und auch in Bezug auf die typisch amerikanischen Dialogen habe ich schon eine viel Schlimmeres erlebt. Ein wohldosierter Schuss Emotion sowie Humor war ebenfalls vorhanden, wenn auch vielleicht nicht immer passend platziert. Zudem fand ich es gut, dass realistisch gezeigt worden ist, mit wie viel Misstrauen die Allgemeinheit arabischen Menschen seit dem 11. September gegenübertritt.
Leider wurde die Möglichkeit, mit einem eigentlich fruchtbaren Ensemble entsprechend umzugehen, ein Stück weit verschenkt. An den Protagonisten lag das allerdings keinesfalls. Neeson, den ich nahezu immer als filmische Bereicherung ansehe, sowie Moore agierten zweifellos sehr souverän und überzeugend. Sie holten wohl das Maximum aus ihren Rollen heraus. Man schaute ihnen interessiert zu und fühlte bisweilen mit. Das leisten die meisten Actionfilme nicht. Darüber hinaus möchte ich besonders Jason Butler Harner als Co-Pilot, welcher bereits als Massenmörder in „Der Fremde Sohn“ brillierte, lobend hervorheben sowie auch Omar Metwally in der Rolle eines arabischen Arztes. Andere Schauspieler konnten aufgrund dessen, dass ihnen nicht mehr Screentime eingeräumt werden konnte, nichts Außergewöhnliches zeigen, was speziell auf Lupita Nyong’O und Michelle Dockery als (darstellerisch) unterforderte Stewardessen zutraf.
Was bleibt, ist ein insgesamt sehenswerter Katastrophenfilm, der visuell besticht, fast durchgängig Spannung offeriert und einen Laien darüber hinaus an die Materie der Flugsicherheit heranführt. Die letzte Viertelstunde jedoch stellt das große, schablonenhafte und meines Erachtens unplausible Manko dar, welches durchaus hätte vermieden werden können und sollen. Wahrscheinlich sollte man den passend betitelten „Non-Stop“ dahingehend auch gar nicht zu ernst nehmen. Dennoch neige ich dazu, Filme nach Möglichkeit innerhalb des jeweiligen Genres zu bewerten, sodass ich summa summarum doch von einer positiven, kurzweiligen Blockbuster-Überraschung sprechen möchte.
USA / F – 2013 – 1 Std. 46 Min.
Regie: Jaume Collet-Serra
mit Liam Neeson, Julianne Moore, Michelle Dockery, Nate Parker, Linus Roache, Lupita Nyong’o, Jason Butler Harner, Omar Metwally
Genre: Action / Thriller