Broadchurch – Staffel 1

Broadchurch 1


Die britische Crime-Drama-Serie „Broadchurch“ gehört mit zum Besten was dieses Genre in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat. Doch Spaß im eigentlichen Sinne macht sie nicht. Denn ich habe selten eine Serie erlebt, die mir so dermaßen an die Nieren ging. Sie handelt von dem wohl Schlimmsten, was einer Familie zustoßen kann, dem Mord an seinem Kind.

In dem beschaulichen südenglischen Küstenstädtchen Broadchurch wird die Leiche des 11-jährigen Danny Latimer gefunden. Was zuerst wie Selbstmord aussieht, entpuppt sich jedoch schnell als vertuschter Mord. Die Ermittlungen werden von der örtlichen Kriminalbeamtin Ellie Miller (Olivia Colman) und ihrem neuen Chef Alec Hardy (David Tennant) geleitet, auf dessen Stelle sie eigentlich selbst gehofft hatte. Entsprechend kühl ist ihr Verhältnis zu Beginn, doch die Lösung des Falls verlangt ihre uneingeschränkte Zusammenarbeit, denn es gibt viele Verdächtige. Hinzu kommt noch, dass sich die Presse ständig in den Fall einmischt, ausgelöst durch Ellies eigenen Neffen (Jonathan Bailey)…

Die Grundidee von „Broadchurch“ ist natürlich klassischer Whodunit und auch die Tatsache, dass es sich bei dem Mordopfer um einen kleinen Jungen handelt ist nicht wirklich neu. Ein ähnliches Prinzip verfolgten zuvor schon Serien wie „Twin Peaks“ oder Filme wie „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“. Doch was Broadchurch von diesen ähnlich gelagerten Produktionen massiv unterscheidet ist die Inszenierung. War „Twin Peaks“ trotz des dramatischen Plots eine doch sehr schwarzhumorige und zudem mit allerlei Mystery-Elementen durchzogene Serie und stand bei „Fräulein Smilla“ eher der kriminologische Aspekt im Vordergrund, so legt „Broadchurch“ den Fokus verstärkt auf die Beziehungen der Dorfbewohner und den Umgang mit einem solchen Verlust. Zudem ist sie sehr realitätsnah, all das könnte sich tatsächlich so zu tragen.

Broadchurch 2

Es gehört jedenfalls definitiv mit zum Traurigsten und Erschütterndsten was ich in Serienform bisher zu Gesicht bekommen habe. Schon die erste Folge in der Danny gefunden wird ist so herzzerreißend, dass man beinahe selbst körperliche Schmerzen empfindet. Und auch im weiteren Verlauf der Serie leidet man immer stumm mit. Bei Ellies innerem Konflikt z.B. als beste Freundin der Familie Latimer (Jodie Whittaker & Andrew Buchan) den Mordfall bearbeiten zu müssen, oder bei der Denunziation und Hexenjagd auf potenzielle Verdächtige. All das ist wirklich harter Tobak und jedes mal wie ein Schlag in die Magengrube.
Interessant ist übrigens, dass die meisten Darsteller dabei eher aus dem komödiantischen Bereich stammen. Olivia Colman, die hier mit eine der tragischsten Rollen spielt und das absolute schauspielerische Highlight darstellt, hat zwar schon in dem kleinen Meisterwerk „Tyrannosaur“ extreme Drama-Qualitäten bewiesen, ist aber als Darstellerin in Comedyserien bekannt geworden. Und auch David Tennant spielt hier seine wohl gebrochenste und ernsthafteste Figur.
Zu der außergewöhnlichen Atmosphäre trägt aber auch der düstere und ungewöhnliche, BAFTA-prämierte Score des Isländers Ólafur Arnalds bei. Seine Mischung aus Streichern, Piano und ruhigen elektronischen Elementen bleibt einem noch lange im Gedächtnis. Und auch Olivia Colman könnte in rund zwei Wochen einen BAFTA abräumen.

„Broadchurch“ ist eine Serie auf die man sich wirklich einlassen muss, definitiv nichts zum mal so nebenher schauen. Wer sich dieser Herausforderung stellt, wird aber mit Sicherheit voll auf seine Kosten kommen. Man sollte jedoch nicht gerade depressiv veranlagt sein, ansonsten diese Serie besser meiden … oder zumindest alle Fenster im Haus gut verschließen. 😉

Aktuell entsteht übrigens eine Neufassung für den amerikanischen Markt, die den Namen „Gracepoint“ tragen wird. Dort wird David Tennant erneut die Hauptrolle spielen, während „Breaking Bad“-Star Anna Gunn Colmans Rolle übernehmen wird. Die US-Fassung ist zudem mit u.a. Michael Peña, Kevin Zegers, Jacki Weaver und Nick Nolte ebenfalls bis in die Nebenrollen hervorragend besetzt.


GB – 2013 – 8 Episoden je 50 Min.
Idee: Chris Chibnall
Regie: James Strong & Euros Lyn
mit David Tennant, Olivia Colman, Jodie Whittaker, Andrew Buchan, Pauline Quirke, Arthur Darvill, Jonathan Bailey, Matthew Gravelle, Carolyn Pickles, Simone McAullay, Vicky McClure & David Bradley
Genre: Drama/Krimi

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