THE EQUALIZER ist die Kinoversion der gleichnamigen Fernsehserie, in der Edward Woodward von 1985 bis 1989 in insgesamt 88 Folgen den introvertierten Rächer Robert McCall mimte, für die er 1987 sogar den Golden Globe einheimste. 2014 wird McCall nun von Denzel Washington verkörpert, der seiner Vergangenheit eigentlich den Rücken gekehrt hat, doch als gewalttätige russische Gangster das Leben der jungen Prostituierte Teri (Chloë Grace Moretz) bedrohen, ist für den gläubigen Christen der Drang zur Gerechtigkeit stärker als die Angst…
Regisseur Antoine Fuqua, der Denzel Washington mit TRAINING DAY zu seinem 2. Oscar führte, arbeitet knapp 13 Jahre später wieder mit ihm zusammen. Herausgekommen ist ein Actionthriller, der sich viel Zeit für die Einführung seines Protagonisten nimmt und durch stark durchkomponierte Szenen punktet. Wer einen schnellen Action-Reißer vom Brett erwartet wird enttäuscht sein, denn THE EQUALIZER ist weit mehr als das. Natürlich ist die Geschichte nicht neu oder sonderlich innovativ, aber wie Denzel Washington schon fast autistisch Dinge auf Tischen seines Stammlokals anordnet, um dort in Ruhe Bücher zu lesen, ist schon eine Klasse für sich. Die (Kennenlern)Szenen mit Chloë Grace Moretz gehören zudem zum Besten, was die Jungdarstellerin bisher abgeliefert hat. Für mich hat sie hier zum ersten Mal einen abgerundeten mehrdimensionalen Charakter darstellen können und hat zudem eine hervorragende Screen-Chemistry mit Mr. Washington, welches die Glaubwürdigkeit für die Motivation seines Charakters plausibel erscheinen lässt. Auch die Meisten der zahlreichen Nebenfiguren erhalten durch eine kurze Einführung eine für dieses Genre untypische Tiefe ihrer Charaktere. Marton Csokas gibt dem Antonisten Teddy etwas mystisch Erhabenes und ist ein wirklich ebenbürtiger Gegenspieler Washingtons. Vor allem die Dinner Szene, die mich stark an THE HEAT erinnert hat, ist Darstellerkino vom allergfeinsten. Abgerundet wird der hervorragende Cast durch eine wundervolle Performance von David Harbour (Green Hornet, End of Watch), der den meisten aus dem unterschätzten ZEITEN DES AUFRUHRS als Kate Winslets Nachbar bekannt sein dürfte, der in einer Ehe feststeckt und sich ein Leben ihrer Seite wünscht und dem Film eine weitere tragische Note gegeben hat. Hier verkörpert er einen korrupten Polizisten, der in die Fänge zwischen der russischen Mafia und Denzels Equalizer gerät. Oscarpreisträgerin Melissa Leo (Frozen River, The Fighter) legt an der Seite von Bill Pullman in ihren geringen Screentime eine weitere herausragende Leistung hin.
Der einzige wirkliche Kritikpunkt, wenn man denn so möchte, ist die Art und Weise wie Überlebensgroß Robert McCall gezeichnet worden ist. Denzel Washington ist hervorragend darin, der Figur eine menschliche Seite einzuflößen, doch sein EQUALIZER wirkt beinahe Überlebensgroß. Richtig Angst um ihn hat man nicht. Er scheint mit jedem Gegner fertig zu werden. Dennoch sollte dies den Filmgenuss nicht allzu sehr stören. Genrebezogen dürfte man dem Film die 8/10 locker geben, aber da ich Filme immer Genreübergreifend betrachte und bewerte und die Geschichte nichts Neues offenbart, bleibt ein hervorragender Actionfilm, der sich durch eine sehr coole Optik und Tiefe ihrer Figuren auszeichnet und bei dem man nichts falsch macht, der aber nicht nachwirkt oder was gänzlich Neues bietet. Wer Denzel Washington auch in etwas düsteren Rollen mag, wird bei EQUALIZER definitiv seine Freude haben, trotz Lauflänge von 132 Minuten.
Awardchancen: Durch das hohe Einspielergebnis wären Nominierungen in den Tonkategorien denkbar und it viel Glück für die Kamera. Letztere wäre verdient, aber wäre sehr untypisch für die Academy und daher tippe ich auf maximal die Tonkategorien.