David S. Goyer dürfte den Meisten wohl für seine Drehbücher zur „Blade“- bzw. „Dark Knight“-Trilogie bekannt sein. Mit „Da Vinci’s Demons“ hat er sich nun erstmals ins historische Fach gewagt, wobei man „historisch“ dabei definitiv in Anführungszeichen setzen sollte. Denn „Da Vinci’s Demons“ ist eine furiose Adventure-Drama-Serie, die auch das ein oder andere Mystery-Element mit einbaut. Erzählt werden die wichtigsten Ereignisse aus den jungen Jahren Leonardo da Vincis, sowie weitere historische Ereignisse aus der Zeit in Florenz, diese werden jedoch bewusst umgedeutet und in andere Zusammenhänge gesetzt.
Der 25-jährige Leonardo da Vinci (Tom Riley), unehelicher Sohn von Piero da Vinci (David Schofield), dem Notar der Adelsfamilie de’ Medici, arbeitet in Florenz als Künstler bei seinem früheren Lehrer Andrea del Verrocchio (Allan Corduner). Privat tüftelt er jedoch an eigenen Erfindungen, wie einem Fluggerät, für die zumeist sein jugendlicher Schützling Nico (Eros Vlahos) als Versuchskaninchen herhalten muss. Ferner kann da Vinci auch stets auf seinen besten Freund Zoroastro de Peretola (Gregg Chillin) zählen, der immer für ihn in die Presche springen muss, wenn Leonardo mal wieder die Obrigkeit gegen sich aufgebracht hat. Die lebenshungrige ehemalige Nonne und jetzige Bardame Vanessa (Hera Hilmar) gehört ebenfalls zum erweiterten Personenkreis um da Vinci, nachdem er ihr zur Flucht aus dem Kloster verholfen hatte. Und dann gibt es noch einen mysteriösen Edelmann aus dem Osten, gennant „Der Türke“ (Alexander Siddig), der da Vinci vom Geheimbund der „Söhne Mithras“, sowie dem sagenumwobenen „Buch der Blätter“ erzählt, in dem alles verloren geglaubte Wissen der Menschheit aufgelistet sein soll und das die Zukunft der Wissenschaft entscheidend zu beeinflussen vermag. Ferner soll er dadurch neue Erkenntnisse über seine Mutter erhalten, die ihn und seinen Vater verlassen hat als er noch ein Baby war.
Die eigentliche Handlung beginnt am Palmsonntag des Jahres 1477: Giuliano de’ Medici (Tom Bateman), Bruder des Stadtregenten Lorenzo de’ Medici (Elliot Cowan), genannt „der Prächtige“, und deren Mentor Gentile Becchi (Michael Elwyn) suchen del Verrocchio auf um ihn mit der Arbeit zu einer Colombina, einer mechanischen Taube für die bis heute in Florenz am Ostersonntag übliche Tradition des Scoppio del carro, einem großen Feuerwerk das von ebendieser Taube entzündet wird, zu beauftragen. Doch der von sich und seinen außergewöhnlichen Fertigkeiten überzeugte da Vinci bringt sie dazu, dass er sie bauen darf.
Nach dem grandiosen Triumph mit der Colombina erhält da Vinci daraufhin eine Anstellung als Kriegsbaumeister im Hause der Medici und soll zudem ein Portrait von Lucrezia Donati (Laura Haddock), der Mätresse Lorenzos, anfertigen, was er allerdings selbst eingefädelt hat. Denn Leonardo hat sich in Lucrezia verliebt und auch sie scheint seinen Avancen nicht abgeneigt zu sein.
Die Medici liegen mit dem florentinischen Adligen Francesco de’ Pazzi (Elliot Levey) und dessen Sippe, sowie dem habgierigen Papst Sixtus IV. (James Faulkner) und dessen nicht minder sinistren Neffen Girolamo Riario (Blake Ritson) im Clinch, die zusammen Florenz mit allen Mitteln unter die Kontrolle Roms stellen wollen, mit Pazzi als neuem Stadtoberhaupt. Dazu konnte Riario sogar einen unbekannten Spion in Florenz postieren, der alle Pläne der Medici an den heiligen Stuhl verrät (dieser wird dem Zuschauer auch bereits am Ende der ersten Folge offenbart!). Doch der Verdacht (der weiterhin unwissenden Figuren) fällt alsbald auf Clarice Orsini (Lara Pulver), die Gattin Lorenzos und selbst römischer Herkunft. …
Mehr sei zur Serienhandlung nicht verraten. Goyers Bücher quellen aber geradezu nur so über vor kreativen Ideen. Und es ist dabei äußerst interessant und spannend zu sehen wie historisch gesicherte Fakten, wie die Pazzi-Verschwörung oder da Vincis Prozess wegen angeblicher „Sodomie“, mit frei erfundenen Elementen zu etwas völlig Neuem vermengt wird und man so einen der größten Universalgelehrten der Geschichte aus einem völlig neuen Blickwinkel betrachten kann. Denn dieser da Vinci ist kein langweiliger Bücherwurm oder verschrobener Bastler. Dieser da Vinci ist extrem cool und witzig, dazu ein Womanizer und allen anderen immer mindestens eine Nasenlänge voraus. Aber auch ein Besessener, der nur im Opiumrausch seine inneren Dämonen im Griff hat.
„I Want Candy“-Star Tom Rily legt seine Figur entsprechend als eine Art kongeniale Mischung aus Benedict Cumberbatchs Sherlock, Angus MacGyver und Captain Jack Sparrow an. Blake Ritson gibt zudem einen herrlich wahnsinnigen Fiesling, der entfernt an Alan Rickmans Sheriff von Nottingham erinnert.
Hervorheben muss man auch noch den tollen Score von Bear McCreary, insbesondere das geniale Titelthema, das mit zu den besten Serienintros der letzten Jahre gehört.
Was hingegen leider nicht ganz so gelungen ist, sind manche visuelle Effekte, besonders bei den Panoramaaufnahmen des alten Florenz. Das sieht leider recht billig und somit ungewollt trashig aus. Hier ist man auch im Serienbereich definitiv besseres gewohnt, ich möchte nur auf „Game of Thrones“ verweisen.
Wer sich davon allerdings nicht abschrecken lässt und die Serie nun unbedingt sehen möchte, hat ab morgen abend, 1. April, ab 20:15 Uhr die Möglichkeit dazu! Super-RTL strahlt die 1. Staffel als Free-TV-Premiere in Doppelfolgen aus.
Warum die RTL-Gruppe „Da Vinci’s Demons“ wie bereits zuvor „Glee“ oder das geniale „Scandal“ auf Super-RTL versteckt, wird wohl für immer ihr Geheimnis bleiben. Bleibt zu hoffen, dass sie diese Serie deshalb nicht auch wieder vorzeitig absetzen.
Hier auch mal als Vorab-Schmankerl der englischsprachige Trailer:
Die Folgen nehmen im Laufe der Staffel immer mehr an Fahrt auf, ausgenommen vielleicht die 6. Episode in der da Vinci auf den noch lebendigen Vlad Tepes trifft (ja genau, DER Dracula), die ich bei 7,5/10 einordnen würde. Insbesonders die letzten beiden Folgen verdienen aber glatte 9/10er-Wertungen. Aber auch die ersten Folgen liegen bereits bei sehr guten 8/10 Punkten, sodass ich für die 8-teilige 1. Staffel insgesamt folgende Gesamtwertung vergeben möchte:
UK / USA – 2013 – 8 Folgen à 56 Min.
von: David S. Goyer
mit: Tom Riley, Laura Haddock, Blake Ritson, Elliot Cowan, Gregg Chillin, Eros Vlahos, Lara Pulver, James Faulkner, Hera Hilmar, Allan Corduner, David Schofield, Michael Elwyn, Tom Bateman, Ian Pirie, Alexander Siddig, Elliot Levey, Paul Rhys & Hugh Bonneville
Genre: Geschichte, Drama, Mystery