Ricki – Wie Familie So Ist (OT: Ricki And The Flash)

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Unzählbar viele Leinwandproduktionen beschäftigen sich inhaltlich mit dem plötzlichen Aufeinandertreffen von jahrelang verschollenen Vätern mit ihren aufgrund der emotionalen Trennung vernachlässigten Kindern, im gerade erst in Deutschland erstveröffentlichten „Ricki And The Flash“ jedoch geht es erfreulicherweise zur Abwechslung einmal um eine turbulente, konfliktreiche Familienzusammenführung mit einer sogenannten Rabenmutter, welche ein Leben als mehr oder weniger bankrotte Rocksängerin fristet. Von einer Kollaboration des Publikumslieblings Meryl Streep mit Jonathan Demme – dem Regisseur des wohl besten Thrillers der Geschichte – sowie der in blutjungen Jahren bereits zu Oscarehren gekommenen Drehbuchautorin Diablo Cody durfte man viel erwarten, allerdings führten gleich mehrere Aspekte dazu, dass ich schlussendlich ein gewisses Ausmaß an Enttäuschung verspürte, was nicht nur mit der eventuell zu hoch angesetzten Erwartungshaltung zusammenhing.

1288050 - RICKI AND THE FLASH

Angereichert mit vielen rockigen, stimmungsaufbauenden und selbst eingesungenen Coversongs sowie der überaus interessant arrangierten Neukomposition „Cold One“ sorgt die in inszenatorischer Hinsicht durchaus überzeugende Genremischung für etliche Momente voller durchdachter, anrührender Tragikomik und durchschimmerndem Herzblut. Im Verhältnis zu vielen der schneidigen Dialoge wirkte die Anzahl der Musikstücke allerdings eine Spur zu zahlreich und auch die einzelnen Handlungselemente hätten deutlich temporeicher gestaltet werden können. Wiederholte Timingprobleme und ein vielleicht zu vorhersehbares Ende resultierten darüber hinaus in dem Umstand, dass nicht alle der gut gemeinten Gags zündeten und es vereinzelt an Pep fehlte. In erster Linie ist es jedoch das bunte Ensemble, das den Zuschauer dazu animiert, trotz der Defizite doch bis zum Schluss am Ball zu bleiben. Die vielseitige Darstellung der alternden Rockdiva Ricki erinnerte mich gewissermaßen an eine sympathische Mixtur aus den Figuren, die Streep zuvor in „Mamma Mia“, „Wenn Liebe So Einfach Wäre“ und „Im August In Osage County“ verkörperte. Abseits des tollen Gesangs ist ihre Leistung sicherlich einmal mehr äußerst sehenswert, doch erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit empfand ich angesichts ihrer lediglich als solide zu titulierenden Performance nicht durchgehend die übliche Begeisterung und auch Kevin Kline agierte für meinen Geschmack reservierter als man es von ihm gewöhnt ist. Eine unerwartet intensive Darbietung lieferte hingegen (verhältnismäßig überraschend) die auch im realen Leben älteste Tochter der Hauptdarstellerin. Mamie Gummer hat es unvermindert geschafft, die massiven Depressionen und Labilität des dargestellten, familiären Sorgenkindes absolut authentisch und durch tiefempfundene Blicke und Geste sowie viele ironische Züge zu visualisieren und bleibt deswegen wohl auch am stärksten von allen Beteiligten im Gedächtnis.

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Was infolgedessen bleibt, ist ein insgesamt grundsolides und ambitioniert gemeintes, größtenteils auch unterhaltsames Versöhnungsporträt mit Höhen und gleichermaßen Tiefen, das leider in Summe schlicht und ergreifend nicht das Optimum seines vorhandenen Potentials veräußern konnte, im Gegenzug jedoch ein paar interessante Denkanstöße liefert. Ich wage allerdings dezidiert zu bezweifeln, dass er in der kommenden Filmpreis-Saison unter den Kandidaten einen übergeordneten Stellenwert einnehmen wird, weswegen man davon ausgehen kann, dass die „Queen Of Acting“ eher mithilfe ihrer Nebenrolle in „Suffragette“ auf ihre 20. (!) Oscarnominierung hoffen darf. Da wäre echt mehr drin gewesen, Mr. Demme!

USA 2015 - 101 Minuten Regie: Jonathan Demme Genre: Tragikomödie / Musikfilm Darsteller: Meryl Streep, Kevin Kline, Mamie Gummer, Audra McDonald, Sebastian Stan, Rick Springfield, Ben Platt, Charlotte Rae, Rick Rosas, Gabriel Ebert, Carmen Carrera
USA 2015 – 101 Minuten
Regie: Jonathan Demme
Genre: Tragikomödie / Musikfilm
Darsteller: Meryl Streep, Kevin Kline, Mamie Gummer, Audra McDonald, Sebastian Stan, Rick Springfield, Ben Platt, Charlotte Rae, Rick Rosas, Gabriel Ebert, Carmen Carrera
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