Mein „Best Picture“-Ranking 2018

Die Oscars sind vergeben und „Shape of Water“ wurde von der Academy als „Bester Film des Jahres“ ausgezeichnet – zurecht? Ich werfe einmal ein Blick auf alle nominierten Filme in der Königskategorie und fordere Euch hiermit auf Euer Ranking im Kommentarfeld zu posten…

09 DIE VERLEGERIN

Das Schlusslicht der Nominierten bildet für mich Steven Spielbergs letzte Regiearbeit, die erst im zweiten Teil richtig in Fahrt kommt. Dabei ist „Die Verlegerin“ thematisch rund um die Pentagon Papiere, aus denen hervorgeht wie das US-Verteidigungsministerium zwischen 1945 und 1967 in Vietnam involviert war und ein Krieg dort schon früh geplant geworden war, durchaus interessant. 1971 veröffentlichte die New York Times trotz heftigem Gegenwind der US-Regierung im Richard Nixon Teile dieser Dokumente und war nicht von ungefähr ein großer Faktor bei der Beendigung des Vietnamkrieges…

Formell klingt der Cast rund um die multiplen Oscargewinner Tom Hanks, Meryl Streep und Regisseur Steven Spielberg, die hier ihre erste (!) Zusammenarbeit abliefern, nach Oscar bait pur. Doch mit nur zwei Nominierungen ist „Die Verlegerin“ nicht nur in dieser Hinsicht das Schlusslicht unter den Nominierten. Das konservativ inszenierte Politdrama kann leider nicht mit einem Klassiker wie Alan J. Pakulas „Die Unbestechlichen“ aus dem Jahr 1976 mithalten. Anstelle neue Wege zu gehen, verfilmt Spielberg den bekannten Stoff als ob er der erste seiner Art wäre und verpasst so die Chance neue Akzente zu setzen. Da wäre meiner Meinung nach viel mehr drin gewesen. Anstelle von Film und Streep, wäre eine Nominierung für Tom Hanks verdient gewesen, dessen Obzession auf den Zuschauer überzuspringen weiß.

 


 

08 GET OUT

Als diese Horrorsatire im Mai in die deutschen Kinos kam, hätten wohl nur die Wenigsten gedacht, dass Jordan Peeles Erstlingswerk dem Hype solange gerecht bleiben – und selbst ein dreiviertel Jahr danach noch im Gedächtnis bleiben würde. Letztlich wurde dieser sogar für den Hauptpreis bei den Oscars vorgeschlagen und erhielt den Goldjungen für das „Beste Originaldrehbuch“ letztendlich sogar. Dabei ist es nicht die Geschichte die so Oscarwürdig ist, denn schon nach ein paar Minuten sollten auch die weniger geübten Zuschauer durchschaut haben wohin der Elternbesuch des frisch gebackenen Paares führen würde. Es ist vielmehr die satirische Art des Erzählens, die Doppeldeutigkeit und die Detailverliebtheit mit der der Genremix letztendlich durchdrungen ist. Dazu ein guter Cast, dem die Spielfreude deutlich anzusehen ist. Vor allem Daniel Kaluuya, Allison Williams, Catherine Keener und Betty Gabriel seien hier erwähnt. „Get out“ hat zwar nicht ganz meine hohen Erwartungen erfüllt und ich erachte ihn auch als etwas überbewertet, aber als Debütfilm schon beachtlich. Nominiert hätte ich ihn persönlich allerdings nur für das Drehbuch, als einer der Kandidaten für den „Besten Film des Jahres“ ist für mich zu vorhersehbar und im letzten Drittel zu sehr am schwächeln. Aber ist Geschmackssache.

 

 


 

07 DIE DUNKELSTE STUNDE 

Das Biopic des ehemaligen britischen Premierministers Winston Churchill beschäftigt sich mit dem Beginn seiner Amtszeit zu der Zeit als die Armee von Adolf Hitler über Westeuropa einfielen und eine Invasion des Vereinigten Königreichs unausweichlich scheint…

Der frisch gebackende Oscarpreisträger Gary Oldman umschifft den schmalen Grad der Karrikatur und offeriert auf charmante Weise die schrulligen Eigenarten des großen Redners. Helfen tut ihm da das hervorragende Make-up für die der Ausnahmeschauspieler 3 bis 5 Stunden täglich in der Maske stand. Auch die kammerspielartige Inszenierung weiß zu gefallen, auch wenn sich im Mittelteil die ein oder andere Länge einschleicht. Auch wenn Oldman jede Szene überstrahlt wissen auch der von mir sehr geschätzte Ben Mendelsohn und Ronald Pickup in ihren Szenen zu überzeugen. Joe Wrights Stammkomponist Dario Marianelli sorgt abermals für einen akkustischen Hochgenuss und hätte seine 4. Oscarnominierung verdient gehabt.


 

06 DUNKIRK

Was „Die dunkelste Stunde“ auf politischer Ebene beleuchtet, erzählt Christopher Nolan auf dem Schlachtplatz. Die Schlacht um Dünkirchen, in der tausende Briten, Franzosen, Belgier und Niederländer eingeschlossen waren und deren Rettung von den Befehlshabern als äußerst gering eingestuft wurden ist auf technischer Ebene ein perfekt inszenierter und gefilmter Kriegsfilm. Die nüchterne Art des Erzählens ohne zentraler Hauptfigur ist dabei Fluch und Segen zugleich. Die Identifikation fällt weg und damit auch die emotionale Ebene, dafür wirkt der Film dokumentarisch, unsentimental und echt. Jedes Schicksal wird gleich behandelt, es wird in Sekundentakt gestorben und ums Überleben gekämpft. Wäre da nicht Hans Zimmer bombastischer Score, der jede Szene zukleistert, keine Zeit zum Durchatmen lässt und teils einzelnen Szenen übertrieben dramatisiert. Kein schlechter Film, aber nicht Nolans Meisterwerk. Im Vergleich zur Dünkirchen-Sequenz von „Abbitte“ zieht „Dunkirk“ für mich zudem deutlich den Kürzeren. Diese packt den Zuschauer emotional und bleibt auch Jahre danach noch im Gedächtnis – das macht für mich einen starken Film und ein unvergessliches Filmerlebnis aus! Trotzdem muss man Nolan ein ambitioniertes tatsachengetreues Werk zusprechen!


 

05 DER SEIDENE FADEN

Regisseur Paul Thomas Anderson, der uns Meisterwerke wie Magnolia, Boogie Nights und There will be Blood beschert hat, entführt uns in seinem neusten Film in die Modewelt im London der 50er Jahre. Der dreifache Oscarpreisträger Daniel Day-Lewis, und damit Rekordhalter bei den Männern, verkörpert in seiner vermeintlich allerletzten Rolle den Schneider und Modedesigner Reynolds Woodstock, dessen Kunden unter anderem das britische Königshaus, Filmstars und die Oberschicht Großbritanniens einkleidet. Der überzeugte Junggeselle, der sich mit den jungen Damen nur zur Inspiration oder für kurze Affäiren umgibt, findet in der willenstarken Alma mehr als nur eine Muse und sein einst so streng geplantes Leben gerät durch sie aus den Fugen…

Neuentdeckung Vicky Krieps agiert auf Augenhöhe mit Day-Lewis und Lesley Manville ergatterte durch die Rolle der Schwester Cyril endlich ihre überfällige, und in meinen Augen auch wohlverdiente, erste Oscarnominierung. Inhaltlich mutet das Werk manchmal etwas schwermutig an, aber das machen die darstellerischen Leistungen, die oscarprämierten Kostüme von Mark Bridges und die sehr starke Filmmusik von Radiohead-Frontmann Jonny Greenwood wieder wett.


 

04  CALL ME BY YOUR NAME

Ein Sommer in Italien in den 80er-Jahren. Inmitten des idylischen Lebens in der Sommerresidenz seiner Eltern wird Elios Leben auf den Kopf gestellt, als der neue amerikanische Assistent seines Vaters Oliver für ein paar Wochen zu Gast ist. Nach einem eher holprigen Start enwickelt sich eine vorsichtige Zuneigung zwischen den Beiden…

Die größe Stärke von Luca Guadagninos neuestem Film ist die Natürlichkeit zwischen den Akteuren und das weder der Altersunterscheid noch die aufkeimende Liebe zu einem anderen Mann überdramatisiert werden. Damit hebt er sich von 99% der gängigen Coming Out-Stories ab und wenn man sich auf die Liebe zwischen den Protagonisten einlässt bekommt man einen Film geboten der noch lange nachwirkt…

Neben einer bisherigen Karrierebestleistung von Armie Hammer (The Social Network) ist es Shooting-Star Timothée Chalamet, der sich direkt ins Herz der Zuschauer spielt. Ob das Telefongespräch mit seiner Mutter, die Gestik und Mimik  mit der Elio Oliver anschaut – vor allem wärend dessen Tanszene -, er spielt mit absoluter Hingabe. So ist es nicht verwunderlich, dass er schon alleine für die letzte Einstellung zu den Klängen von „Visions of Gideon“ sein Awardregen verdient hat. Neben dieser Szene ist es vor allem das Gespräch mit seinem Vater, welches Unvergesslich bleibt. Michael Stuhlbarg war nie besser als in dieser Szene.

Ein zurecht oscargekröntes Juwel, dass noch weitere für den „Besten Filmsong“, Hauptdarsteller Chalamet und Nebendarsteller Stuhlbarg verdient gehabt hätte und mit Sicherheit im Laufe der Zeit noch höher in meinem Ranking landen wird . Time will tell…

 


 

03 THE SHAPE OF WATER 

Die stumme Elisa arbeitet als Reinigungskraft für ein streng geheimes Regierungslabor, wo sie eines Tages mit ihrer Kollegin Zelda eine unbekannte Kreatur entdeckt, der in einem Wassertank für Experimente gefangen gehalten wird. Nach anfänglicher Abscheu siegt die Neugier und später die Liebe zum Amphibien-Mann. als sie mithilfe ihrer Freundin und ihrem Nachbarn das Geschöpf befreien, zeigt sich Gegenspieler Richard Strickland von seiner gnadenlosen Seite…

Der große Oscar-Gewinner überzeugt durch eine herausragende Optik:  Vor allem der Wechsel zwischen Warm und Kalt ist inszenatorisch eine Augenweide. Neben dem stark aufspielendem Cast, der grandiosen Filmmusik von Alexander Desplat und tollen Regieeinfällen, beeindruckt der Zusammenhalt der Protagonisten, die allesamt zum Rand der Gesellschaft gehören, aber anstelle wegzusehen sich verbünden und aktiv gegen das Unrecht tun. Der Film ist sicher nicht für Jedermann. Begreift man ihn aber als symbolträchtiges Fantasymärchen kiegt man auch beim mehrmaligen Anschauen noch etwas Neues geboten. Ein würdiger Oscargewinner, der die Andersartigkeit zelebriert, wie kein zweiter Film in diesem Jahr.


 

02 LADY BIRD 

In diesem Coming-of-Age-Film steht die 17jährige Christine im Vordergrund. Wir begleiten die junge Anarchistin, die sich selbst „Lady Bird“ nennt und mit ohrer Familie in Kalifornien lebt, wobei sie lieber an der Ostküste der USA leben wollen würde, weil sie es dort kulturell für ansprechender hält. Zum Einen wirkt sie wie ein starker, selbstbewusster Teenager, der genau weiß, was er will, aber nur ein paar Sekunden später ist sie genauso unsicher und schüchtern wie jede andere 17-Jährige.

Sie wirkt selbstbewusst und spricht den süßen Jungen aus dem Musical an, dann verstellt sie sich selbst, um die Anerkennung der „coolen Kids“ zu verdienen. Lady Bird ist der innere Zwiespalt, den jeder als Teenager erlebt hat und wirkt dank des raffiniertes Drehbuchs, aber vor allem auch durch die Darstellung von Saoirse Ronan absolut authentisch. Neben Ronans oscarwürdiger Leistung ist es die komplexe  Beziehung zu ihrer Mutter (Laurie Metcalf), die ans Herz geht und im Gedächtnis bleibt.

Kaum zu glauben, dass es sich bei „Lady Bird“ um Greta Gerwigs Debüt als Autorin und Regisseurin handelt – so detailverliebt, komplex und authentisch wie sie das Leben ihrer Protagonistin beschreibt und inszeniert. Dafür hätte es gut und gerne einige Oscars regnen können, allen vorran für Ronan, Metcalf bzw. für ihr Drehbuch.

 
 

 

01 THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI

Im beschaulichen (fiktiven) Städtchen Ebbing wurde die Tochter von Mildred Hayes ermordet aufgefunden. Um nicht an den Verlust zu zerbrechen, kanalisiert sie ihre Ohnmacht und startet einen Rachefeldzug gegen die örtliche Polizei, die sich hinsichtlich der Aufklärung als unfähig und unwillens präsentiert. Hier kommen die titelgebenden drei großformatigen Werbetafeln ins Spiel, mit der sie öffentlich die Polizei für ihr Nicht-Handeln kritisiert…

Der große Golden Globe-, BAFTA- und Screen Actors Guild-Award-Gewinner glänzt mit herausragenden Leistungen vom gesamten Cast, allen voran den diesjährigen Oscarpreisträgern Frances McDormand und Sam Rockwell, bissigen Dialogen, ungewöhnlichen Wendungen und  stimmigem Soundtrack. Was den Film im Gesamtpaket über die Anderen abhebt ist der enorme Unterhaltungswert den Martin McDonaghs Film bietet. Er ist nicht so abgerundet wie „Lady Bird“ oder emotional mitreißend wie „Call me by your Name“ hat aber eine Mischung aus Drama und bitterbösen Komödie, der man sich kaum entziehen kann. Ein Film, der weiß warum wir Menschen Filme schauen: Wegen der guten Unterhaltungsfaktors und der ist bei diesem Film höher als bei jedem anderen der Nominierten dieses Jahr!

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