Der verlorene Sohn (OT: Boy erased)

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©Universal Pictures International Germany GmbH

Für seinen zweiten Spielfilm holt sich Joel Edgerton ein beachtliches Darstellerensemble zusammen: Neben dem aufstrebendem Lucas Hedges (Oscarnominierung für „Manchester by the Sea“) in der Titelrolle, verkörpern die Oscarpreisträger Nicole Kidman und Russell Crowe seine Konservativen Eltern, die ihren Sohn aufgrund seiner Homosexualität in ein kirchliches Therapieprogramm gesteckt, mit der Hoffnung ihn in zwölf Schritten wieder zu einem heterosexuellen Mann werden zu lassen… 

Es ist erschreckend, dass es immer noch solche Therapien gibt, wie sie Garrard Conley in seinen Memoiren selbst erlebt hat. Nachdme Conley dankend ablehnte, sein Werk selbst zu einem Script umzuarbeiten übernahm dies Joel Edgerton, sowie die Regie und die Rolle des Therapieleiters im Film selbst. Praktiziert wird eine geistige und körperliche Erniedrigung, um die „armen abgründigen Seelen“ gefügig zu machen. Letztendlich wird versucht die Jungen und Mädchen langfristig an die Organisation zu binden, um möglichst viel Geld von den besorgten Eltern zu erlangen.

Solch Horror kann sich der Mensch nur selbst auferlegen. Anstelle die Vielfalt zu zelebrieren versucht er immer wieder in Schubladen zu denken und hätte am liebsten alle gleich. Im Arbeitsleben gleich arbeitsfähig, im Sport und Liebesdingen gleich leistungsfähig, in Beziehungs- und Freundschaftsfragen gleichermaßen aufopfernd. Aber so funktioniert die Menschheit nicht. So werden wir immer und immer wieder scheitern. Wir sind nicht gleich und das ist gut so. Jeder hat andere Qualitäten. Lernen wir die Vielfältigkeit zu akzeptieren und zu lieben.

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©Universal Pictures International Germany GmbH

Lucas Hedges empfiehlt sich einmal mehr durch seine ungewöhnliche Rollenauswahl und verkörpert Jared bewusst durch seine passiven Haltung, der die Tortour stumm erträgt und den Zuschauer viel Raum für eigene Gedanken und ihr Entsetzen lässt. Jared wird instrumentalisiert und das zu einer empfindsamen Zeit, in der er auf der Suche nach sich selbst ist und ein Platz in der Welt sucht. Für seine empfindsame Darstellung erhielt Lucas Hedges Nominierungen der Auslandspresse (Golden Globes) und dem Satellite Award.

„Der verlorene Sohn“ markiert die erste Zusammenarbeit zwischen den zwei australischen Schauspiel-Stars Russell Crowe und Nicole Kidman, nachdem ihr erster Versuch „Eucalyptus“ als Projekt eingestellt wurde. Beide liefern gute Leistungen ab und wurden für diverse Awards nominiert, u.a. dem Satellite Award. Vor allem Russell Crowe überrascht mit der emotionalen Darstellung eines Mannes, der seinen Sohn lieben möchte, es aber aufgrund seines Glaubens nicht zu gelingen vermag. Im Film wird neben dem Verhältnis von Jared zu seinen Eltern, auch etwas Raum für etliche Nebenfiguren geboten, von denen besonders Britton Sear als Cameron den größten Eindruck hinterlassen kann.

Fazit: Joel Edgerton ist ein inhaltlich wichtiger Film über die großen Themen „Religion & Homosexualität“ gelungen, den vermutlich die wenigsten sehen werden, von denen er gesehen werden sollte. Es ist kein Film der den Status eines „Brokeback Montains“ erreichen wird, aber wenn er einige Menschen zum Umdenken bewegt hat er schon einiges erreicht. Persönlich hätte ich ihn mir noch etwas beizender gewünscht, dafür entschädigt das starke Ensemble, die ausgezeichnete Kamera und der wunderschön-schmerzliche Song „Revelation“, der noch lange nachwirkt und nicht nur eine Golden Globe-, sondern auch Oscarnominierung verdient gehabt hätte.

USA 2018 – 115 Minuten
Regie: Joel Edgerton
Genre: Drama
Darsteller: Lucas Hedges, Russell Crowe, Nicole Kidman, Britton Sear, Troye Sivan, Xavier Dolan, Joe Alwyn, Madelyn Cline, uva.
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