Downton Abbey

© Focus Features

„Sarkasmus ist die niedrigste Stufe von Esprit.“ So lautet nur eines von unzähligen Bonmots, die „Downton Abbey“ durchziehen wie ein roter Faden. Die Verfilmung der gleichnamigen Erfolgsserie, welche bis 2015 in sechs Staffeln ausgestrahlt wurde und ganze 15 Emmys abräumte, wurde heiß erwartet. Obendrein sorgte sie schon vor Veröffentlichung für besondere Aufmerksamkeit, indem sie in den USA den besten Kino-Vorverkauf des Jahres erzielte. Inmitten dynamischer Zeiten stellt Michael Englers erst zweite Leinwandproduktion zwar kein Ablenkungsmanöver von den Wirren des Brexits dar, kann jedoch durchaus als nostalgischer Rückzug in eine heile, aristokratische Welt betrachtet werden. In Summe wird dabei deutlich mehr richtig als falsch gemacht, wovon sich Zuschauer seit gestern auch hierzulande überzeugen können.

© Focus Features

Die Adaption in Spielfilmlänge vermeidet zuallererst, auf Vergangenes zurückzublicken, sondern setzt exakt ein Jahr nach den Ereignissen des Serienformats an, in dem ein Besuch von König George V. in Yorkshire für reichlich Wirbel sorgt. „Downton Abbey“ unternimmt den Versuch, sowohl eingefleischte Fans zufriedenzustellen als auch Zuschauer ohne Vorkenntnisse anzusprechen und unterhält dabei dank seiner feinsinnigen Dialoge mitunter königlich. Insbesondere die Spitzfindigkeit des treuen Personals des Grafen von Grantham wurde sehr charmant und ideenreich umgesetzt, dennoch umfasst das umfangreiche Skript ferner ein vereiteltes Attentat, eine gleichgeschlechtliche Romanze und eine Erbschaftsstreitigkeit. Auch diese Vielfältigkeit mag durchaus gut gemeint gewesen sein, führt jedoch wiederkehrend zu einer regelrechten Überfrachtung mit Handlungssträngen, die jeweils nicht immer konsequent zu Ende gedacht werden. Trotz gewisser Vorhersehbarkeiten überzeugt das Gebotene vor allem vor allem als Erklärungsansatz für die die ungebrochene, royale Begeisterung des Inselvolks. Wie das Original besticht auch die optische Sphäre, denn der perfekt ausgestattete Bilderbogen zeichnet sich durch detailverliebte Kostüme sowie das elegante Spiel mit Farben aus und wird von großartigen Kompositionen ummantelt. Herzstück bildet allerdings ohne Zweifel die enthusiastische, eingespielte Darstellerriege, aus der vor allem Neuzugang Imelda Staunton und Robert James-Collier, Penelope Wilton sowie Jim Carter aufgrund nuancierter Darbietungen hervortreten. Unbestrittenes Highlight ist jedoch der staubtrockene Auftritt der mittlerweile 84-jährigen Maggie Smith, die vor kurzem bekannte, sich die Serie noch niemals selbst angesehen zu haben. Mit Leichtigkeit und erhabener Hochnäsigkeit spielt sie nahezu jedes andere Ensemblemitglied an die Wand und empfiehlt sich für eine weitere Oscarnennung als „Beste Nebendarstellerin“.

© Focus Features

Wenngleich „Downton Abbey“ sich bisweilen einen Hauch zu sehr auf den Erfolg der TV-Variante verlässt und narrative Defizite aufweist, ist der Gesamteindruck dennoch ein zutiefst solider. Die Fortsetzung punktet dank britischen Humors, handwerklicher Raffinesse und eines moderaten Maßes an Gegenwartsrelevanz und ist aus diesen Gründen für eine Sichtung an nasskalten Herbsttagen prädestiniert.

UK 2019 – 122 Minuten
Regie: Michael Engler
Genre: Historiendrama / Romanze
Darsteller: Hugh Bonneville, Michelle Dockery, Jim Carter, Elizabeth McGovern, Maggie Smith, Imelda Staunton, Penelope Wilton, Simon Jones, Geraldine James, Laura Carmichael, Joanne Froggatt, Allen Leech, Robert James-Collier, Lesley Nicol, Matthew Goode
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Artikel, Filme, Historienfilme, Kino, Oscar Contender, Reviews, Was läuft im Kino und getaggt als , , , , , . Fügen Sie den permalink zu Ihren Favoriten hinzu.