Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen (OT: Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald)

© Warner Bros. Pictures

In Gestalt von „Grindelwalds Verbrechen“ erschien am vergangenen Donnerstag der mittlerweile zehnte (!) Spielfilm, der im literarischen Kosmos von Joanne K. Rowling angesiedelt ist. Ebenjene begann ihren persönlichen Triumphzug vor exakt 20 Jahren mit einer überschaubaren Startauflage von 8.000 „Potter“-Exemplaren und avancierte nach der Adaption für die Kinoleinwand zur mit Abstand reichsten Schriftstellerin unseres Planeten. Vor zwei Jahren konnte der erste, grundsolide Streich der Prequel-Reihe, die als Pentalogie geplant ist, die hohen Erwartungen zwar weitgehend erfüllen und einen unerwarteten Oscar einheimsen, jedoch in Gänze nicht übertreffen. Mit der Fortsetzung ändert sich nicht nur der Handlungsort, sondern vor allem die zugrunde liegende Atmosphäre entscheidend und betritt erwachseneres Terrain, auf dem sich neben Potter’schen Reminiszenzen vor allem Thriller-Qualitäten entfalten können.

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Bereits das furios gestaltete, von stürmischen Schnitten bestimmte Opening lässt erahnen, dass Yates‘ siebente Regieführung von Düsterheit lebt und sich ganz dem dunklen Magier widmen würde, was sich in Summe, insbesondere anhand einer beeindruckenden Finalszene auch vollends bestätigt. Wenngleich die namensgebenden, possierlichen Kreaturen unter Obhut von Newt Scamander zwar erneut sporadisch zum Vorschein kommen, übernehmen diese erfreulicherweise nur noch die Funktion eines Sidekicks. Speziell die sinnbildliche Rückkehr in die Gemäuer von Hogwarts sowie ins Ministerium für Zauberei sind dagegen in sämtlichen Belangen durchdacht und raffiniert inszeniert worden und dürfte wohl nicht nur das Herz eingefleischter Fans des Franchises im selben Maße erfreuen wie die wieder einmal glänzend konzipierte visuelle und akustische Aufmachung. Auf psychologischer Ebene beeindruckt vor allem die nachvollziehbare Lancierung von Aspekten wie der persönlichen Vergangenheitsaufarbeitung und der Gefährlichkeit von Demagogie. Trotz dieser unbestreitbaren Vorzüge hat Teil 2 jedoch ein nicht gerade unbeträchtliches Manko: Sein Skript. Dieses mutet leider wiederholt überfrachtet an und konzentriert sich auf ein viel zu großes Sammelsurium an Handlungssträngen, derer es mitunter gar nicht bedurft hätte. Zudem leidet der Film unter einer Armut an geeigneten Sympathieträgern à la Hermine Granger, zu denen das Publikum Identifikationsflächen aufbauen möchte, weswegen J.K. Rowling vermutlich gut darin täte, sich für die nachfolgenden Adaptionen zu Selektionszwecken einen versierten Drehbuchautoren an die Seite zu holen. Die im Vorfeld von vielen als potentielle Fehlbesetzungen prognostizierten Herren Jude Law und Johnny Depp entpuppen sich allerdings als handfeste Highlights des Ensembles. Während Ersterer absolut passend den jungen Albus Dumbledore mit Charme und Gewandtheit mimt, haut einen insbesondere Depp mit einer ungeahnt starken Darbietung als Gellert Grindelwald förmlich aus den Socken. Mit wenigen Gesten, Worten und Blicken sowie ungeahnter Präsenz vermag er, dem Zuschauer reihenweise Schauder über den ganzen Körper zu jagen und überflügelt als personifizierte Bosheit teilweise sogar Ralph Fiennes in der Rolle des Dunklen Lords. Des Weiteren konnten auch Ezra Miller und Zoë Kravitz darstellerisch überzeugen.

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Obschon „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen“ in Bezug auf die evozierte Stimmung gänzlich andere Töne anschlägt als sein familienorientierter Vorgänger, ist er dennoch in Summe weder besser noch schlechter, dennoch brilliert er neben der handwerklichen Güte mithilfe von äußerst gelungenen Einzelsequenzen, die im Gedächtnis bleiben. Im Hinblick auf die nur noch ein Quartal entfernte Oscarverleihungen dürfte der Zweistünder vermutlich am ehesten Chancen in den Kategorien „Visuelle Effekte“ und „Szenenbild“ generieren können, wünschenswert wäre auch eine Berücksichtigung der brillanten Soundtracks von James Newton Howard, der den Klängen von John Williams und Alexandre Desplat in nichts nachsteht. Man darf gespannt sein auf die Veröffentlichung des dritten Parts im November 2020 und hoffen, dass die Figurenkonstellation und narrative Elemente jeweils Optimierungen erfahren, denn an Potential mangelt es definitiv nicht.

UK / USA 2018 – 134 Minuten
Regie: David Yates
Genre: Fantasy / Abenteuer
Darsteller: Eddie Redmayne, Katherine Waterston, Alison Sudol, Zoë Kravitz, Ezra Miller, Johnny Depp, Dan Fogler, Jude Law, Callum Turner, William Nadylam, Brontis Jodorowsky, Claudia Kim
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