Westafrika, 1823: Genug ist genug! Nachdem ihre Familie mehrfach vergeblich versucht hat, die störrische Nawi (Thuso Mbedu) irgendwie an den Mann zu bringen, beschließt ihr Vater, sie zu den Agojie zu geben. Dabei handelt es sich um eine von Nancisca (Oscar-Preisträgerin Viola Davis) geleitete Eliteeinheit, die im Dienst von Ghezo (John Boyega) steht, dem König von Dahomey, und ausschließlich aus Frauen besteht. Viele grausige Legenden ranken sich um die Truppe. Die Ausbildung ist hart, wie Nawi bald feststellen muss, die auch dort immer wieder mit ihrer rebellischen Art negativ auffällt. Zu ihrem Glück ist dort aber auch die erfahrene Kämpferin Izogie (Lashana Lynch), welche für sie zu einer Art Mentorin wird. Nachwuchs können sie ohnehin gut gebraucht, spitzt sich doch der Konflikt zwischen Dahomey und dem konkurrierenden Königreich Oyo zu…
Die Zeit der Veröffentlichung ist bei The Woman King sicher nicht ganz schlecht gewählt. Rund einen Monat dauert es noch, bis Black Panther: Wakanda Forever in unsere Kinos kommt, der Nachfolger von Black Panther, das 2018 zu einem kulturellen Phänomen wurde. Da ist es nur gerecht, wenn auch die Geschichte der afrikanischen Elitetruppe Aojie einmal auf die große Leinwand kommt. Schließlich war diese vom 17. Jahrhundert bis Anfang des 20. Jahrhunderts im westafrikanischen Königreich Dahomey tätige Kämpferinneneinheit eine maßgebliche Inspiration bei den zugrundeliegenden Marvel-Comics. Wie deren Adaption vor einigen Jahren dürfen auch hier Schwarze ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und müssen sich nicht auf weiße Helden verlassen, die sie retten. Letztere sind hier weit und breit nicht zu sehen.
Wobei The Woman King das Thema der Hautfarbe ohnehin nur vereinzelt anspricht. Auch wenn der schädliche Einfluss der weißen Invasoren durchaus thematisiert wird, etwa wenn es um den Sklavenhandelt geht: Der Film beschränkt sich nicht auf einen rein schwarz-weißen-Krieg. Tatsächlich gibt es auch ohne die Europäer mehr als genug Konflikte. Ein zentraler besteht zwischen den zwei Königreichen Dahomey und Oyo. Der Aufstand gegen gewalttätige Besatzer bezieht sich hier nicht auf Kolonisten, sondern andere afrikanische Völker. Und selbst innerhalb derselben sind Auseinandersetzungen keine Seltenheit. Da wird am Hof intrigiert, bei der Ausbildung zu den Agojies herrscht ein rauer Ton, der an typische Militärfilme erinnert. Und dann sind da noch die Auseinandersetzungen, welche auf die Geschlechterrollen zurückgeht bzw. den Kampf gegen ein patriarchisches System.
Das ist dann auch der Punkt, der The Woman King von Black Panther neben dem Bezug auf reale Ursprünge unterscheidet: Es geht hier nicht nur um Empowerment im Bezug auf dunkelhäutige Menschen, sondern auch um weibliche Selbstbestimmung. Das wird den Film für manche zu einem doppelt roten Tuch machen. Ein ganzer Haufen schwarzer Frauen, die es allen zeigen? Das sieht man selten. Sonderlich subtil ist der Film bei dieser Botschaft auch nicht, trägt im Zweifel lieber etwas zu dick auf, anstatt das Risiko einzugehen, dass auch nur eine Person im Publikum besagte Botschaft verpassen könnte. Auch bei den Figurenzeichnungen wurde zum Teil recht grob gearbeitet, allerdings wissen Viola Davis, Lashana Lynch und besonders Thuso Mbedu ihre Figuren Tiefe zu verleihen.
Interessant ist der das historische Drama aber durchaus: Die Kämpfe mögen nicht so zahlreich sein, wie man im Vorfeld vielleicht erwarten konnte, aber dafür sind sie von Regisseurin Gina Prince-Bythewood wirklich gut inszeniert, die Handlung ebenso und auch Terrence Blanchards Score weiß zu gefallen. Anstatt sich einfach auf die üblichen Computereffekte und schnelle Schnitte zu verlassen, die inzwischen einen Großteil westlicher Actionfilme versauen, wurde hier noch wirklich etwas in die Kämpfe investiert. Das Ergebnis ist ein brachialer Crowdpleaser mit einer leicht exotischen Note, wie man ihn so wohl kein zweites Mal finden wird. Mir hat er überraschend gut gefallen.
Fazit: „The Woman King“ erinnert an eine westafrikanische Elitetruppe, die ausschließlich aus Frauen bestand und zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert aktiv war. Das Szenario ist spannend, auch die Kämpfe sind gelungen und halten das Publikum bei Laune. Dafür muss man bei der Figurenzeichnung Abstriche machen, der aber so kurzweilig inszeniert ist, dass die Zeit wie im Flug vergeht.