Die zwölf Geschworenen (OT: 12 Angry Men)

12 angry men

Ein 18-jähriger Puertoricaner steht wegen Mordes vor Gericht. Zwölf Geschworene sollen entscheiden, ob er seinen Vater getötet hat und damit zum Tode verurteilt werden soll oder ob er nicht doch unschuldig sein könnte. Aber nur einer – der Geschworene No. 8 (Henry Fonda) – glaubt von Anfang an wirklich an die Unschuld des Jungen. Nach und nach gelingt es ihm, andere mit geschickter Argumentation auf seine Seite zu ziehen. Einige der Geschworenen lassen sich jedoch trotzdem nicht überzeugen, sodass schnell eine aufgeheizte Stimmung entsteht – nicht nur wegen des schwülen Wetters.

„12 angry Men“ (so der Originaltitel) ist mit heutigen Filmen nicht zu vergleichen: Er hat keine schnellen Schnitten, keine auf Krawall ausgelegten Actionszenen, keine bluttriefenden Thrillerversatzstücke, keine Schockeffekte. Er bezieht seinen Spannungsbogen ganz und gar allein auf eine Sache: die Sprache. Die intelligenten Dialoge schaffen einen Filmraum, bei dem die Suspense hier ganz und gar von der Sprache abhängig ist. Sie stellen eine intensiven Auseinandersetzung über das menschlichen Verhalten und Gruppenprozessen dar und zeigen ein fantastisches Panoptikum der menschlichen Verhaltensweise auf. Wie handeln wir und was sind unsere Argumente bezüglich Recht und Gerechtigkeit? Ist der Junge nun schuldig oder nicht? Es kann keiner beantworten. Auch in der Unschuldsthese gibt es nur Annahmen. Aber das ist auch nicht das Wichtigste an diesen Film. Es geht hier um die Vorverurteilung eines Menschen aufgrund einem eigenem menschlich-ethischen Kodex, der, wenn derjenige ihm nicht entspricht, zum Außenseiter wird. Es geht hier um den Abbau von Vorurteilen, um die Auflösung persönlicher Konflikte zu Gunsten einer realen Wahrnehmung der Geschehnisse. Es geht hier um nichts anderes als um Menschlichkeit in einem System voller Opportunismus und Falschheit. Dies verpackt Regisseur Sidney Lumet in einem spannenden Gerichtsthriller, der wie erwähnt nur durch seine Sprache lebt und seinen, und das darf man nicht vergessen, exzellenten Schauspielensemble. Jack Klugman (vielen besser bekannt aus der Krimireihe Quincy), E.G. Marshall, Oscarnominee Lee J. Cobb, sowie den Oscarpreisträgern Martin Balsam und Henry Fonda (der den Film auch produzierte) – alle sind hier hervorragend besetzt und liefern bis dato allesamt Karrierebestleistungen. Schauspielerei von höchster Qualität. Lumets lässt die Kamera lange auf die Szenen verweilen und gibt den Gesichtern eine breite Palette des Freiraums. Das Gesicht, als Spiegelbild des Menschen, wird hier in Großaufnahmen gezeigt um den Zuschauer zum Einen zu konfrontieren mit seinen eigenen Gedanken und zum Anderen wird hier der Darsteller noch mehr in den Fokus gerückt.

12 angrey men

Nach über 55 Jahren hat das Werk nicht mal ansatzweise mit Alterserscheinungen zu kämpfen. Selbst wenn nochmal ein halbes Jahrhundert vergehen werden ist dies kaum vorstellbar. Zu recht bei imdb auf Platz 7 der „Besten Filme aller Zeiten“ bei 278.650 Votes!

Man bedenke zudem, dass es sich hier um einen Debütfilm handelt. Regisseur Sidney Lumet, neben Alfred Hitchcock und Billy Wilder mein Lieblingsregisseur und zurecht einer der größten seines Fachs, fing nicht etwa klein an, sondern schuf mit „Die zwölf Geschworenen“ riesengroßes, zeitloses Kino, wie es die Meisten ihr ganzes Leben nicht hinbekommen. Chapeau.

Jede Emotion und auch die später folgenden Meinungswechsel wirken in keinster Sekunde aufgesetzt oder wirken erzwungen, sondern schlüssig und absolut nachvollziehbar. Dieses „Lehrstück“, so will ich es mal nennen, ist zudem hochspannend, obwohl nicht der Raum verlässt, niemand (der Anwesenden) um sein Leben fürchten muss oder irgendwelche Geheimnisse zu lüften sind. Kurzum ein wahnsinnig intensives Filmerlebnis, welches in seiner Genialität einfach schwer zu beschreiben ist. Deshalb kommt daran eigentlich auch niemand vorbei. Klassiker, Meisterwerk, schuldig im Sinne der Anklage. Einstimmig natürlich, da muss wohl nicht stundenlang diskutiert werden. 😉

USA 2013 - 98 Minuten Regie: Woody Allen mit: Cate Blanchett, Sally Hawkins, Alec Baldwin, Bobby Cannavale, Peter Saarsgard Genre: Tragikomödie
USA 1957 – 96 Minuten
Regie: Sidney Lumet
mit: Henry Fonda, Lee J. Cobb, Ed Begley, Martin Balsam, Jack Klugman, Jack Warden, E.G. Marshall, u.a.
Genre: Drama

Oscarnominierungen:

  • Bester Filme
  • Beste Regie (Sidney Lumet)
  • Bestes adaptiertes Drehbuch (Reginald Rose)

Golden Globe-Nominierungen:

  • Bester Film
  • Beste Regie (Sidney Lumet)
  • Bester Hauptdarsteller in einem Drama (Henry Fonda)
  • Besten Nebendarsteller (Lee J. Cobb)

Berlinale:

  • Bester Film

uvm.

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