Selma

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Martin Luther King zählt zu den wichtigsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Sein aktiver Einsatz gegen Rassismus und Rassentrennung, seine Visionen für die Vereinigten Staaten, die nicht bloß Träume bleiben sollten und sein Kampf für die Menschlichkeit als Bürgerrechtler zählten zu seinen großen Leistungen, die 1964 mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt wurden. – und mit einem Attentat im Jahr 1968 bestraft. Die zweifache für den Oscar nominierte Film bezieht sich auf die Zeitspanne zwischen 1964 und 1968 und hat vor allem die Märsche vom titelgebenden „Selma“ nach Montgomery als Schwerpunkt.

Der für die Rolle des Martin Luther King für den Golden Globe nominierte David Oyelowo verkörpert einen der größten Rhetoriker äußerst bravourös. In Nahezu allen Reden schafft er eine authentische emotionale Teilnahme um die partielle Überwindung des Rassenproblems vom Christentum herzuleiten. King wollte durch die Lehren der Bibel eine Basis für eine funktionierende Demokratie schaffen in der Schwarze und Weiße auf gleicher Ebene stehen. Dabei spielte vor allem das Wahlrecht eine bedeutende Rolle, das nur einem Bruchteil der Schwarzen zugestanden wurde. Dass der friedliche Aufstand gerade im Süden erfolgte, war der entscheidende Grund für eine amerikanische Veränderung. Vorher erschütterte die Anordnung der grausamen Gewalt mit der auf diese Märsche reagiert wurde, und die im Fernsehen übertragen wurden, die Bevölkerung und führten zu kontroversen und letztlich entscheidenden Diskussionen.

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Rassismus ist in den USA noch immer ein sehr spezielles Thema. Aber im Jahre 2015 hat es zumindest den Anschein, dass Martin Luther Kings sowie Malcolm X’ Reden Früchte getragen haben – auch wenn man sicher nicht von einer vorurteilsfreien Gleichberechtigung sprechen kann. Wie auch DuVernay setzte sich letztes Jahr Steve McQueen in „12 Years a Slave“ mit dem Thema Rassismus in Gestalt der Sklaverei auseinander und wurde u.a. als „Bester Film des Jahres“ gekührt. Damit war er der erste Film, der von einem Afroamerikaner gedreht wurde, der diese Ehre zuteil wurde. Dass die Academy nicht 2x in Folge so einen wichtigen Film in der schwarzen Geschichte den Zuspruch gibt war fast abzusehen, doch sie hätte zumindest Geschichte schreiben können, indem sie Ava DuVernay, die 2011 als erste afroamerikanische Frau den Preis für die Beste Regie beim Sundance Film Festival für ihren 2. Film „Middle of Nowhere“ erhielt, wenn sie sie mit „Selma“ als erste Schwarze Regisseurin nominiert hätten, so wie es bei den Golden Globes der Fall war. Verdient hätte sie es auf alle Fälle, denn inszenatorisch besticht ihr Werk durch eine kluge Auswahl an Zeitgeschehen, die nachweislich im Film dokumentiert werden und durch den einzelnen Szenenaufbau, sowie die exzellente Schauspielführung. Die Kamera fängt die impulsive, aber dennoch friedliche Atmosphäre der Demonstranten gelungen ein, die wenigen Augenblicke des Schreckens komplettieren die Geschichte sinnvoll und gipfeln löblicherweise nicht im Attentat des Helden, sondern in einer emotionalen Anteilnahme des Zuschauers. Besonders lobenswert sind außerdem die Kostüme, die Ausstattung und die Tonabmischung, die in den stärksten Momenten mitten ins Mark trifft. Da verschmerzt man die kleinen Längen, die sich dann doch ab und an einschleichen, gerne einmal.

David Oyelowo, der für die Rolle massig an Pfunde zugelegt hat um Martin Luther King auch optisch zu entsprechen, wird von einem starken Ensemble begleitet: Carmen Ejogo, Wendell Pierce, Tom Wilkinson, Tim Roth, Oprah Winfrey, Cuba Gooding, Jr. Keith Stanfield, Giovanni Ribisi, Lorraine Toussaint, Stephan James, Common und Henry G. Sanders sind nur einige namenhafte Darsteller, die mit starken Szenen aufwarten können. Auch wenn Tim Roth als Gouverneur George Wallace manchmal etwas over the Top agiert, sind gerade die Dialoge mit Tom Wilkinson als Präsident Lyndon B. Johnson, die im Gedächtnis bleiben. Einen Sonderaward hätten Henry G. Sanders als Cager Lee und Charity Jordan als Viola Lee Jackson verdient, deren Enkel bzw. Sohn Opfer der Gewaltmärsche wird. Mit sicherlich weniger als 5 Minuten Screentime ist es aber vor allem seine Darstellung, die am Meisten nachwirkt.

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„Selma“ ist ein hochkarätig besetzter, sehr gut inszenierter Film zu einer wichtigen Epoche schwarzer Geschichte, der recht nüchternen erzählt wird und darin seine Stärke findet. Da SELMA aber fast ohne Sentimentalitäten auskommt, ist dies gleichzeitig Stärke, als auch schwäche des Filmes, da die meisten Zuschauer mitgerissen werden wollen und sich dann doch,d ie ein oder andere Länge einschleicht. Die leicht abgewandelte Darstellung des US-Präsidenten am Mitwirken der Gesetzesänderung wird laut einiger Recherchen zum Film von einigen Historikern am Film kritisiert. Eines der persönlichen Highlights war für mich der nächtliche Anruf bei Mahalia Jackson, die Martin Luther King zur mentalen Unterstützung „Take my Hand, Precious Lord“ am Telefon vorsingen lässt und nicht nur bis in die nächste Szene nachwirkt, sondern auch weit drüber hinaus.

Ava DuVernay stellt viele Fragen, die alle eines im Kern gemeinsam haben: Wieviel bin ich persönlich bereit für ein größeres Ziel zu opfern? Herausgekommen ist ein inspirierender Film über einen großen Mann und eine Zeit des Aufbruchs. Aber es ist auch ein desillusionierender Film, der erschreckend deutlich macht, dass die Probleme für 50 Jahre noch lange nicht gelöst sind – sie treten heutzutage nur in einem anderen Gewand auf.

USA – 2014 – 2 Std. 4 Min. Regie: Ava DuVernay mit David Oyelowo, Carmen Ejogo, Tom Wilkinson, Tim Roth, Oprah Winfrey, Giovanni Ribisi, Lorraine Toussaint, Henry G. Sanders, Wendell Pierce, Stephen James, Common, Cuba Godding, Jr. Genre: Drama/Historie/Biopic

 

Oscar Nominierungen:

  • Bester Film
  • Bester Song: Glory

Golden Globe:

Golden Globe Nominierungen:

  • Bester Film
  • Beste Regie (Ava DuVernay)
  • Bester Darsteller, Drama (David Oyelowo)
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