„Es zeigte sich, dass Maria, noch bevor sie mit Josef zusammenkam, ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes.“ Die Zeilen des Evangelisten Matthäus bilden bis heute die Rechtfertigung für die Jungfrauengeburt, welche zu den umstrittensten Dogmen der Katholischen Kirche überhaupt zählt. Ebendieses Motivs bedient sich Michael Mohan in Gestalt von „Immaculate“ (zu gut Deutsch: „unbefleckt“) und verlagert scheinbar Antiquiertes in die Gegenwart. Das Ergebnis ist unerwartet spannungsgeladen und dicht und zeigt wie bereits „Speak No Evil“ auf, dass Nervenkitzel und Anspruch sich innerhalb der Gruselsparte nicht zwingend ausschließen müssen.
In Folge einer effektvollen, temporeichen Anfangsszene, die unmittelbar Neugier schürt, mutiert der freiwillige Eintritt in einen italienischen Konvent für eine Novizin namens Cecilia nicht nur aufgrund einer unerklärlichen Schwangerschaft unversehens zur buchstäblichen Apokalypse hinter Klostermauern, aus denen es zunehmend kein Entrinnen mehr gibt. Das stete Pendeln zwischen Schockmomenten und Entschleunigung auf dem Weg zur Entschlüsselung des Komplotts sowie der souverän gefilmte Kontrast von Dunkelheit und Tagesgrelle kennzeichnet das Szenario und sorgt für einen konsequent umgesetzten, atmosphärischen Spannungsbogen, in dem man dem Martyrium der Protagonistin wachsam und zunehmend mit Händen in Schutzhaltung folgt. Dann und wann mangelt es den Nebencharakteren zwar an gewisser Ambivalenz, dennoch egalisiert vor allem die symbolistische Drastik der zweiten Hälfte sowie der einfallsreiche Einsatz choraler Gesänge dieses Manko. Sydney Sweeney, die vor Kurzem in „Wo Die Lüge Hinfällt“ eine erschreckend blutleere Darbietung lieferte, fügt sich in die Thrillersparte deutlich besser ein und glänzt durch ein hohes Maß an Facettenreichtum, denn die anfängliche Selbstbeherrschung weicht mit jeder Minute und mündet schließlich in einem qualvoll mitanzusehenden Finale voller brachialer Entfesselung.
Summa summarum stellt „Immaculate“ einen der gelungeneren Horrorfilme seit Längerem dar und verlässt das Gedächtnis sicherlich nicht über Nacht, dürfte aufgrund seines biblischen Unterbaus insbesondere die Gemüter von glühenden Genrefans jedoch in zwei Lager spalten. Den offiziellen Kinostart am 04. April 2024 sollten sich all jene, die bereit sind, sich damit auseinandersetzen und Filme mögen, die in anderthalb Stunden auf den Punkt kommen, keinesfalls entgehen lassen.