In einem etwas heruntergekommenen Hotel in Indien, wollen eine Handvoll Engländer aus unterschiedlichen Motiven und ihren Lebensabend verbringen – angelockt von günstigen Konditionen und einer Luxus versprechenden Broschüre, die allerdings laut dem jungen Hotelchef (Dev Patel) nur „einen Blick in die Zukunft bietet“.
Von Beginn an stoßen indische Gelassenheit und Improvisationskompetenz auf längst nicht nur hüftsteife Europäer, die sich unterschiedlich schnell zu arrangieren lernen. Zum Figurenpersonal gehören ein Jurist (Tom Wilkinson), der nach 40 Jahren nach Indien zurückkehrt, um seine große, tabuisierte Liebe wiederzufinden. Eine Witwe (Judi Dench), die ebenso lange verheiratet war und nun, erstmals auf sich gestellt, ein ganz anderes, befreites Leben entdeckt. Zentrale Sympathiefigur neben ihr ist ein Mann (Bill Nighy), dem nicht einmal seine chronisch nörgelnde Frau (Penelope Wilton) die gute Laune verderben kann, während eine schwerkranke alte Dame (Maggie Smith) hinter ihrer brummig-giftigen Fassade einen mitfühlenden Menschen durchblicken lässt.
Die Anpassungserfahrungen dieser Charaktere bilden in Koalition mit einer (eigentlich unnötigen) jungen indischen Romanze den Plot, in dem berührende, komische und auch nachdenkliche Momente ihren Platz finden. Der dominante Ton ist dabei liebenswert und optimistisch, das Tempo dem hektischen Hintergrund zum Trotz verhalten und kontrolliert, was nicht nur klassischen britischen Erzähltraditionen entspricht, sondern auch dem gereiften Alter der Figuren geschuldet ist. „Best Exotic Marigold Hotel“ ist therapeutisch sonniges, charmantes Kino für jung und alt, dass einem ans Herz geht und den Taschentuchkonsum mehrmals ankurbelt. Geschuldet ist dies vor allem der hervorragenden Darstellerriege. Judi Dench zeigt wieder einmal mehr, warum sie in jedem Werk eine Bereicherung ist. Ebenso Tom Wilkinson, der für mich persönlich, neben der herausragenden Penelope Wilton zum „Standout“ dieses Films gehört, aber auch der Rest des Casts ist hervorragend. Die Geschichte von Tom Wilkinsons Figur ist allerdings so Herzergreifend, dass es einem fast das Herz herausreißt, obgleich die Geschichte im Grunde eine sehr schöne ist. Die unglückliche Verfassung, die die Figur von Penelope Wilton unter ständigen Nörgeleien verbirgt, ist, als diese zum Vorschein kommt, nicht minder ergreifend. Warum gerade Maggie Smith für den Screen Actors Guild nominiert wurde, lässt sich wohl am ehesten mit dem Hype um ihre Person (und um Downtown Abbey) erklären. Nicht, dass sie schlecht spielt, dass tut sie nie, hier schon gar nicht, aber so eine Rolle schüttelt die Grand Dame doch aus dem linken Ärmel.
Ich kann den Film eigentlich nur empfehlen, wenn ich dem Film auch bisher sehr skeptisch gegenüber stand (u.a. wegen Dev Patel, den ich, außer in Slumdog Millionär, bisher immer sehr nervig fand) und nur geschaut habe, weil er für 2 Golden Globes und 2 Screen Actors Guilds nominiert wurde, muss ich dies nun entkräften, da er ein wirklich guter Wohlfühlfilm mit starken Ensemble-Leistungen ist, bei dem die Zeit wie im Flug vergeht und es angenehmes Bild von Indien gezeichnet wird. Auch wenn man die Richtung des Films von Anfang an ahnt, wird er den meisten doch mehr geben als angenommen. Vermutlich liegt gerade darin der Erfolg des Films begründet, der weit mehr als 100 Mio. Dollar in den USA eingespielt hat, was für so einen kleinen Film wahrlich ein kleines Wunder ist.
Vereinigtes Königreich – 2011 – 2 Std. 05 Min.
Regie: John Madden
mit Judi Dench, Bill Nighy, Maggie Smith und Tom Wilkinson
Genre: Komödie, Drama