Die größten Oscar-Fauxpas (2): THE SOCIAL NETWORK not winning Best Director (and Best Picture)


Skepsis überkam mich, als vor 2 Jahren ein Film über die soziale Plattform Facebook erscheinen sollte. Zu früh und zu inhaltslos waren meine Bedenken. Zudem fand ich das David Fincher im letzten Film „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ weit hinter seinen Möglichkeiten geblieben ist. Der Oscar-Buzz zu diesem Film war gewaltig, eine Kritikervereinigung nach der Anderen zeichnete „“The Social Network“ und David Fincher mit ihren Hauptpreisen aus und der Tumult in der Oscargruppe „And the Oscar goes to…“ im Studi.vz war groß, gab es doch 2 Lager. Die einen, die den Film liebten, die Anderen, die ihn für überbewertet hielten. Ich gehörte eindeutig bis heute zur ersten Gruppe.

Die Angst, dass ein Film über einen stotternden König das Blatt nochmal wenden könnte, wich nie, auch dann nicht als „The Social Network“ mit nahezu allen nur denkbaren Kritikerawards, 4 Golden Globes und 3 BAFTAS ausgezeichnet wurde. Leider sollte sich meine Befürchtung bestätigen und es kam zu meiner persönlich größten Enttäuschung in der Geschichte der Oscars als Tom Hooper den Regieoscar, anstatt David Fincher, erhalten sollte. Dabei sah es vorher wirklich gut aus, nachdem die beste Filmmusik an Trent Reznor & Atticus Ross gingen und wie erwartet auch der Schnitt und Drehbuchoscar an „The Social Network“ ging und The Kings Speech bis zur Verleihung des Oscars für die beste Regie von seinen bis dato 10 Nominierungen (von 12 insgesamt) lediglich nur 2 Mal triumphieren konnte. Nach der Pleite beim Regieoscar war mir und vielen Anderen (in anderen Internetforen) der Rest der Verleihung Schnurz Piep-egal. So ein Gefühl hatte ich vorher nur bei „Brokeback Mountain“, als dieser völlig überraschend für alle im Saal nicht zum „Besten Film des Jahres“ ernannt worden ist. Ob Tom Hooper dieses Jahr mit „Les Misérables“ triumphieren wird oder ob die Academy ihren damaligen Fauxpas zu Lasten des Films austragen wird, wird sich zeigen, dass „The Social Network“ vor allem in Deutschland in seiner Wirkung und seinem Schaffen unterschätzt wird, wird hoffentlich folgende Kritik etwas revidieren. Für mich ist und bleibt „The Social Network“ ein Meisterwerk, welches nicht zu unrecht von der New York Times als „Citizen Kane“ des neuen Jahrtausends bezeichnet wurde und neben seinen 3 Oscars auch den für den „Besten Film des Jahres“ und vor allem für die „Beste Regie“ hätte gewinnen sollen, meiner Meinung nach sogar müssen!

Filmkritik:

Eine geniale Idee macht den 20-jährigen Harvard-Studenten Mark Zuckerberg im Jahr 2004 zum gefragten Mann. Aus einer Laune heraus gründet er die weltweit erfolgreichste Network Plattform und wird damit innerhalb kürzester Zeit zum Milliardär. Doch auch in seinem unmittelbaren Umfeld hat der unerwartete Ruhm schnell Folgen. Er sieht sich mit Verrat und Betrug konfrontiert und hat bald einige Gerichtsverfahren am Hals.

Schon die erste Szene des Films verrät viel über die Hauptfigur, die sich nicht für den Zugang zu exklusiven Studentenclubs interessiert oder für den gemeinen Studenten außerhalb der eigenen Elite-Universität und so sozial verkümmert. Stattdessen widmet sich Programmierer Zuckerberg dem Computer und dem Internet, was zur Folge hat, dass er den Frust über ein gescheitertes Date in beleidigendem Ton für jeden sichtbar auf dem eigenen Blog verewigt. Diese Idee, Andere am eigenen Leben teilhaben zu lassen und eine Plattform bereit zu stellen, wo dies auf Wechselseitigkeit beruht, ist der Grundgedanke von Facebook und somit auch vom Film The Social Network, der die Entstehungsgeschichte von ihren Anfängen als interne Internetanwendung an der renommierten Harvard University bis hin zum weltweit zugänglichen Netzwerk beleuchtet.

Anhand eines Rechtsstreits zwischen Zuckerberg (Jesse Eisenberg) und seinem (ehemals) besten Freundes Eduardo Saverin (Andrew Garfield) und jener zwischen Zuckerberg und den Gebrüdern Winklevoss, die ihn auf geistigen Diebstahl verklagten. Anhand dieser rekonstruiert The Social Network die wesentlichen Stationen bei der Entwicklung von Facebook auf mehreren Zeitebenen. Regisseur Fincher lässt zwar den formalästhetischen Mut von seinen früheren, düsteren Thrillern vermissen, zeugt jedoch mit der Stimmigkeit, wie er in The Social Network ein spannendes Freundschafts- und Anerkennungs-Drama auf subtilem Wege mit medienkritischen Seitenhieben zu koppeln weiß, von viel Können. Dabei prallt die abgeschlossene kleine Welt der ambitionierten Programmierer und Computernerds mit jener der versnobten Eliteclubmitglieder zusammen. Beide sind für sich genommen menschenfeindlich: Hier technisiert, dort exklusiv; beide entfremdet, enthoben der „normalen“ Lebenswelt.

Napster-Gründer Sean Parker zieht den schüchternen Mark Zuckerberg mit seinem lässigem Charme und seinen Visionen sofort in seinen Bann und schafft es durch seine Kontakte, Facebook zu einem wirtschaftlich mehr als rentablen Imperium zu strukturieren und wird gekonnt von Justin Timberlake dargestellt. Ebenso positiv betonen muss man die Filmmusik, die gekonnt einfache Szenen dynamisch und aufwühlend wirken lässt. Das durchweg positive Gesamtbild von The Social Network wird durch ein grandioses Schlussbild abgerundet, welches Einsamkeit im digitalen Zeitalter treffend auf den Punkt bringt. Dafür gibt’s ein dickes „Gefällt mir“ und eine Wertung, die ich nur alle Jubeljahre mal vergebe. Auch der Humor kommt nicht zu kurz und Begrifflichkeiten wie Zwangskanibalismus (eines Huhnes) kongenial in Nebensträngen eingebaut und wirken somit nie aufgesetzt, sondern bereichern den Film und runden ihn zu einer nahezu perfekten Mischung ab. Wie perfekt diese Mischung aus Dialogen, Kamerafahrten, perfekten Schnitten und dem pulsierendem Score funktioniert soll am Besten eine Szene aus dem Film selbst verdeutlichen:

UK / USA 2003 - 135 Minuten Regie: Richard Curtis Genre: Liebeskomödie / Episodenfilm Darsteller: Hugh Grant, Emma Thompson, Alan Rickman, Liam Neeson, Laura Linney, Colin Firth, Martine McCutcheon, Bill Nighy, Thomas Sangster, Keira Knightley, Lúcia Moniz, Heike Makatsch, Rowan Atkinson, Rodrigo Santoro, Andrew Lincoln, Chiwetel Ejiofor, Claudia Schiffer
USA 2010 – 120 Minuten
Regie: David Fincher
Genre: Biografie, Drama
Darsteller: Jesse Eisenberg, Andrew Garfield, Rooney Mara, Armie Hammer, Justin Timberlake, uva.

Gewinner von 3 Oscars:

  • Bestes adaptiertes Drehbuch (Aaron Sorkin)
  • Beste Filmmusik (Trent Reznor & Aticus Ross)
  • Bester Filmschnitt (Kirk Baxter & Angus Wall)

5 weitere Nominierungen:

  • Bester Film
  • Beste Regie (David Fincher)
  • Bester Hauptdarsteller (Jesse Eisenberg)
  • Beste Kamera (Jeff Cronenweth)
  • Bester Ton

Gewinner von 100 (!) Film- bzw. Kritikerawards und 84 Nominierungen.

 

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