Nein, ich bin kein Fan von Timur Bekmambetow. „Wächter der Nacht“ war noch gerade so Mittelmaß und zu „Wanted“ möchte ich mich lieber nicht äußern, selten einen dämlicheren Film gesehen. Bekmambetow möchte augenzwinkernde Kinounterhaltung schaffen, nimmt sich und seine Werke dann aber doch meist viel zu ernst.
Und ausgerechnet er sollte nun diese wirklich zutiefst trashige, selbstironisch-durchgeknallte Story verfilmen? Ok, Tim Burton hat produziert, das passt dann eigentlich wieder. Aber hätte er nicht besser auch gleich Regie führen können? Eigentlich genau seine Baustelle. Doch auch er hatte ja in letzter Zeit leider die ein oder andere Gurke am Start. Meine Erwartungen waren deshalb nicht besonders hoch. Doch sie wurden am Ende glücklicherweise vollstens zufrieden gestellt…
Abraham Lincoln: Vampirjäger (OT: Abraham Lincoln: Vampire Hunter)
… auch wenn ich mir unter diesem Film zuvor etwas ganz Anderes vorgestellt hatte. Ich dachte cool, eine Axt schwingende Polit-Ikone in einem lustig überzogenen storyarmen Splattermovie. Ich habe zwar den gleichnamigen Roman von Seth Grahame-Smith nicht gelesen, doch allein schon die Idee Abraham Lincoln, einen der wohl beliebtesten US-Präsidenten, Vampire killen zu lassen ist so dermaßen abgefahren, dass es nach reichlich sinnfreiem Spaß klingt.
Ich weiß daher auch nicht, ob es nun erneut an Bekmambetows Art Regie zu führen liegt oder eben an der literarischen Vorlage, aber auch hier keine Spur von Ironie, nicht mal ein Hauch. Die Story wird todernst genommen und gnadenlos durchgezogen. Hinterher wurde mir daher klar, warum Burton den Film nicht selbst drehen wollte. Er hätte ihn vermutlich im von mir ursprünglich erwarteten Burton-typischen schrägen Stil inszeniert und wäre damit vermutlich (erneut) grandios gescheitert. Denn so cool die Grundidee auch sein mag, einen ganzen Film dieser Art hätte das wohl nie getragen.
Dafür hat Bekmambetow seinen mit Abstand besten Film gedreht und mich wieder mit ihm versöhnt.
Die Handlung setzt im Jahr 1818 ein, als der erst 9-jährige Abraham mit ansehen muss wie seine Mutter vom herrischen Plantagenbesitzer Jack Barts bedrängt und gebissen wird und daraufhin noch in derselben Nacht an einer rätselhaften Infektion stirbt. 9 Jahre später will der inzwischen erwachsene, heißspornige junge Lincoln (ab jetzt: Walker) seine Mutter rächen und schießt auf Barts (Csokas). Dieser stellt sich jedoch als Vampir heraus dem Kugeln nichts anhaben können und kurz bevor er nun selbst gebissen wird, kann er vom mysteriösen Henry Sturgess (Cooper) gerettet werden. Dieser weiht Lincoln daraufhin in die Kunst der Vampirjagd ein und wird zu seinem Mentor. Wenige Jahre später zieht Lincoln zum Studium nach Springfield/Illinois wo er tagsüber lernt und in einem Kramladen arbeitet und nachts weiterhin auf Vampirjagd geht. Dort lernt er auch Mary Todd (Winstead), eine hübsche Tochter aus gutem Hause, kennen und heiratet sie später. Im weiteren Verlauf wird dann Lincolns weiterer beruflicher Aufstieg, sowie natürlich seine Vampirkiller-Tätigkeiten beleuchtet und was er noch so alles darüber erfahren muss, z.B. über die stillschweigende politische Vereinbarung, dass sich die meisten Vampire im Süden als Plantagenbesitzer angesiedelt haben um, Sklaverei sei dank, eine gesicherte Nahrungsquelle zu haben und unerkannt unter den Sterblichen weilen zu können. …
Mehr von der Handlung möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Diese spielt übrigens sehr intelligent mit realen Ereignissen in Lincolns Biographie und beleuchtet so auf eine völlig andere Weise wie und warum Lincoln zu dem Mensch (und Präsidenten) wurde, der er war. Ich liebe eh Geschichten in denen historische Ereignisse fiktional umgedeutet werden, und hier wird das besonders toll gemacht. Namentlich seien nur mal der erbitterte Kampf um das Anti-Sklaverei-Gesetz sowie die Schlacht um Gettysburg oder Lincolns Rede vor dem Capitol genannt.
„Abraham Lincoln: Vampirjäger“ ist daher auch nur vordergründig ein trashiger Actioner, im Kern ist es eigentlich ein waschechtes Drama, das es in seinen besten Momenten sogar beinahe mit Spielbergs in etwa zeitgleich erschienenem Real-Biopic „Lincoln“ aufnehmen kann.
Der einzige echte Kritikpunkt sind für mich nur die vereinzelten, selbst für diese Art von Film, stellenweise recht hanebüchenen Actionsequenzen (ich sage nur Eisenbahnbrücke!). Alles in allem hat mich der „Vampirjäger“ aber vollstens überzeugt.
Natürlich Trash, aber Trash mit vergleichsweise hohem Anspruch und großen Schauwerten. Und auch die Darsteller agieren toll, insbesondere sei hier Hauptdarsteller Benjamin Walker erwähnt, der sowohl den coolen nächtlichen Vampirkiller als auch den Mensch Lincoln äußerst glaubhaft darzustellen vermag. Von ihm werden wir sicher noch einiges hören.
USA – 2012 – 1 Std. 45 Min.
Regie: Timur Bekmambetow
mit: Benjamin Walker, Dominic Cooper, Anthony Mackie, Mary Elizabeth Winstead, Rufus Sewell, Marton Csokas & Jimmi Simpson
Genre: Horror, Action, Drama