Die Tribute von Panem – Catching Fire (OT: The Hunger Games: Catching Fire)

Hunger Games 3

Die Hunger-Spiele sind brutale Gladiatorenkämpfe, bei denen die – Tribute genannten – menschlichen Opfergaben der einzelnen Distrikte auf Leben und Tod gegeneinander antreten müssen und dienen in der totalitären Mediendiktatur von Präsident Snow zur Unterhaltung, aber noch vielmehr auch zur Einschüchterung.

Der erste Teil der Hungerspiel-Saga endete damit, dass die Bogenschützin Katniss Everdeen aus District 12 lieber tödliche Beeren wählen wollte, als wie vorgesehen ihren Freund Peeta zu töten. Damit erschütterte sie mit ihrer souveränen Geste Snows Autorität und legte damit den Keim zur Rebellion. Dies kann der Diktator über zwölf Distrikte selbstredend nicht ungestraft lassen. Katniss jedoch verleiht den Hungernden und Unterdrückten den Mut, gegen ihr Schicksal aufzubegehren.

In „Die Tribute von Panem – Catching Fire“, dem zweiten Teil der Filmreihe nach der Bestsellertrilogie von Suzanne Collins, wird nun davon erzählt, wie Diktator Snow die junge Heldin zu bestrafen gedenkt und wie Katniss (Jennifer Lawrence) selbst mit ihrer neuen Rolle als Symbol des Widerstands zurecht kommt…

Hunger Games 2

Wie sehr der Erfolg einer Revolution doch vom Stylisten ihrer Symbolfigur abhängt, verdeutlicht jene Szene, in der sich Katniss beim Show-Moderator Caesar (Stanley Tucci jetzt mit lila Haar) präsentieren muss – wobei sich ihr weißes Kleid in ein schwarzes Spotttölpel-Kostüm verwandelt und wird damit endgültig zum Symbol für Widerstand und Auflehnung.

Um die Wurzel des Rebellionsübels auszurotten, will Snows Spielmeister Plutarch (Philip Seymour Hoffman) alle einstigen Sieger, also die Überlebenden der „Hunger Games“, eliminieren, und lässt sich etwas besonders Perfides einfallen. Mit einem Jubel-Jubiläum, bei dem sämtliche Sieger der „Hunger Games“ gegeneinander antreten, soll der 75. Jahrestag der blutigen Niederschlagung des ersten Aufstands gegen die Diktatur „gefeiert“ werden.

Während Regisseur Francis Lawrence Gary Ross ablöste und im epischen Gewand die mitreißende Odyssee seiner toughen Protagonistin erzählt, bahnt sich im Hintergrund respektive dem übergeordneten, großen Rahmen unaufhaltsam die überfällige Revolution gegen ein Regime an, das mit Angst und Schrecken die niederen Distrikte gnadenlos unterdrückt und ausbeutet. Dahinter versteckt sich in mehrerlei Hinsicht die vielschichtige Parabel einer klassischen Dystopie und Medienkritik.

Hunger Games

So weit so gut. Inhaltlich ist „Catching Fire“ sehr nah an der literarischen Vorlage, doch problematisch daran ist, dass die Verfilmung auch Schwächen des Buches übernommen hat. Da wäre zum einen, die Dreiecksbeziehung, die in ihren schmalstigsten Momenten Twilight-artige Züge trägt: Katniss und Peeta sitzen im Zug um Ihre Siegestour zu überstehen und führen einen Dialog, den einen 5-jährigen hätte schreiben können. Lieblingsfarbe der Naturverbundenen Katniss – grün – wie unerwartet… für den Sonnenauf/untergangsfanatiker Peeta *hust* orange … natürlich kein normales orange wie er weiter fortführte, sondern das Sonnen-orange! *Autsch* Was für ein Dialog! Wird den Zuschauer bis zu den nächsten Hungerspielen suggeriert, das eine Liebesbeziehung zwischen den Beiden ein Ding der Unmöglichkeit ist, so wird innerhalb von 30min (solange dauern diesmal leider nur die Hungerspiele an sich ) das komplette Gegenteil gezeigt. Das Perfide daran, dieser emotionale Umschwung ist überhaupt nicht nachvollziehbar. In Buch wird dies etwas besser erläutert, aber das Drehbuch schafft es nur bedingt die emotionale Tragweite der Geschichte zu verpacken. So verballert man quasi gefühlte 2 Stunden des Films für die Fake-Liebesstory, sowie Präsident Snow nicht zu sehr zu verärgern. Das hätte man wesentlich kürzer erzählen können, ohne dabei die Gesellschaftskritik zu kurz kommen zu lassen bzw. verstärkt der Charakterisierung der Jahressiegern widmen können. Das eigentliche Highlight, nämlich die Hunger-Spiele kommen, wie im Buch, indes leider viel zu kurz weg. Auch gelingt hier durch die fehlende Auslotung der einzelnen Charaktere nicht die emotionale Tiefe des Vorgängers.

Hat man bei Ableben der kleinen Rue (im ersten Teil) noch Rotz und Wasser geheult und sticht das Herz noch immer, wenn bloß ihr Name fällt, sind hier 9 von 10 Tribute einem schlichtweg egal. Handwerklich verzichtete man auf Shaky Cams und hat man sich damit optisch sehr verbessert, sind es die Hungerspiele an sich, die einen mit gemischten Gefühlen begleiten und damit meine ich nicht den Köcher mit Pfeilen, den Katniss natürlich als erstes erreichte und der sich wie von Zauberhand immer mit neuen Pfeilen befüllte! 😉 Der zersetzende „Nebel“ war gut in Szene gesetzt, doch im Grunde war dieser recht lächerlich, auch wenn er uns emotional die stärkste Szene der Hunger-Spiele lieferte. Auch sonst war von „Bedrohung“ nur sehr wenig zu spüren, da die Tribute sich fast immer auf der „richtigen Seite“ der „Insel“ befanden. Die Tribute an sich waren mir persönlich auch viel zu harmlos, um ehemalige glaubhafte Sieger darzustellen.

Die künstlichen Naturkatastrophen im Stundentakt war dagegen verständlicher als im Buch und auch das Ende wusste, vor allem optisch, zu begeistern. Darstellerisch können Jena Malone als aufmüpfige Johanna, Elizabeth Banks und Philip Seymour Hoffman kleien Highlights setzen. Jeffrey Wright und Stanley Tucci bleiben indes recht blass.

Ausgerechnet das mit Abstand schwächste Buch der Panem-Reihe wird nun als Zweiteiler abgedreht. Die Hunger-Spiele sind vorbei, es lebe die Revolution. Hat mich beim Lesen schon mächtig genervt, wird als Film, gepaart mit dem „Liebeskarussell“ eine schwer durchzuhaltende Nummer. Die Todesspiele verpackt in einer dystopischen Volksaufteilung in Ober- und Unterschicht, eine Art morderner Adel und Pöbel, bei dem ein Rebellion nicht außen vor bleibt, verknüpft zu der historischen Vergangenheit aus unserer Realität, macht die Grundidee so authentischm brilliant und mitreißend. Mit „Tribute von Panem“ schenkt uns die Kinowelt kein weiteres nur kassenklingelndes Fantasy-Sci-Fi-Abenteuer, sondern eine eindrucksvolle Geschichte mit Niveau, doch hätte man die Reihe nach den ersten Beiden Büchern locker enden lassen können und die Revolution in aussagekräftigen Bildern bzw. in einem halben Film stecken können, so wird die Geschichte zum Rohrkrepierer und die emotionale Tragweite der Dreiecksbeziehung nicht vollkommen ausgeschöpft, die man in die Hunger-Spiele an sich hätte verlagern können, indem Katniss sich hätte entscheiden müssen, mit tödlichem Ausgang für einen, beide oder sogar allen Dreien.

Den vorwiegend positiven Stimmen der Community (sieht man sich mal das Ranking bei imdb an) kann ich mich indes leider nur bedingt anschließen, da das hohe Potential der Geschichte nur in Ansätzen erschöpft wurde. War der erste Teil für mich eine klare 8/10, führen mich eben genannte Kritikpunkte zu einer schwächeren Einordnung, obwohl der zweite Teil handwerklich den Ersten übertrifft.

Wertung65  Hunger Games 4

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