
Valentinstag: Der große Feiertag der Liebenden steht vor der Tür. Sollte es jemand vergessen haben, die Medien wissen dezent darauf hinzuweisen. Was wäre die Menschheit nur ohne diese inszenierten Liebesbekundungen. Blumen, Karten, Gutscheine und romantisches Allerlei von der Stange. Die Kommerzialisierung der Gefühle kennt keine Grenzen. Wer diesen Tag vergisst kann sich gewiss einen Vortrag anhören, der die Beziehung infrage stellen dürfte. Ums Vergessen geht auch dieser Film. Erzählt wird eine Liebesgeschichte, wie sie echter, schöner und schmerzvoller nicht sein kann. Von der langsam aufkommenden Nähe, den ersten Zärtlichkeiten, bis zum quälendem Gefühlschaos. Es ist ein fiktiver Streifzug durch das Leben zweier Menschen, wie ihn das wahre Leben schon so oft geschrieben hat.
Man lernt sich kennen. Alles scheint zu passen, alles ist wunderbar. Doch ist der erste Liebesrausch mal vorbei, wird der Blick durch die rosarote Brille immer trüber und verschwommener. Irgendwann legt man sie ganz ab und schaut der Wahrheit ins Gesicht. Man lernt sich wirklich kennen, man erkennt den wahren Charakter, mit all seinen kleinen Dellen und Unebenheiten und ehe man sich versieht ist die große Liebe ein endloser Kompromiss aus widersprüchlichen Gefühlen und unerfüllten Erwartungen. War am Anfang noch alles so leicht und wundervoll unkompliziert, wird es zunehmend rationaler, alltäglicher, anstrengender, schwerfälliger. Schwächen werden schonungslos freigelegt, Kleinigkeiten wachsen auf einmal zu unüberwindbaren Mauern. Man beginnt nachzudenken, zu zweifeln, zu verdrängen und geht offenen Auges in ein Labyrinth aus Enttäuschung und Selbsttäuschung. An jeder Ecke ein Notausgang, aber der richtige, der wahre Weg ist nicht zu finden. Was tun? Reden, abwarten, sich an Erinnerungen festhalten, kämpfen oder einfach aufgeben und loslassen? Wie lange es noch versuchen, wie lange noch diese ermüdende Schlacht schlagen? Meinen Seelenfrieden finde ich nicht mit ihr, aber ohne sie eben auch nicht…
Was also tun? Eine Frage, die wohl die meisten nur allzu gut kennen. Eine Frage, die auch dieser Film sehr gut kennt. Seine vermeintliche Antwort: Geh zu Lacuna Incorporated und entferne deine Erinnerungen. Lösche diese immer wiederkehrenden Fragmente, die sich tief in deinem Hirn eingenistet haben. Enferne die Sehnsucht, den Schmerz und den ganzen Scheiß, der dein Leben so verdammt schwer macht. Lösch Person X.
Für Joe und Clementine scheint dies der einzige Ausweg nach zwei Jahren Beziehung zu sein. Er, in sich gekehrt, schüchtern, nachdenklich, ein Mann ohne Selbstbewusstsein, aber dafür mit jeder Menge Selbstzweifel. Sie dagegen ist impulsiv, flippig, eine quirlige Frohnatur, mit bunten Haaren und frecher Zunge. Ein Unterschied wie Tag und Nacht und doch brennen sie füreinander.

Doch irgendwann entscheiden Joe und Clementine sich zu kapitulieren, die gemeinsame Zeit aus ihrem Gedächtnis auszumerzen. Aber lässt sich Liebe wirklich löschen oder widersetzt sie sich aller Logik und Vernunft, wenn sie nur stark genug ist?
Wer seine cineastischen Antennen vor solchen Fragen nicht scheut, sollte, ja muss “Eternal Sunshine of the Spotless Mind“ gesehen haben. Ein einzigartiger Film, der durch eine ausgeklügelte, intelligente Story, die zum Mitdenken und Nachdenken auffordert, der verblüfft und durch Wendungen, Zeitsprünge und einem Erinnerungs-Löschprozess, der an Kreativität und beeindruckende Bilderwelten zwischen Phantasie und Realität nicht zu übertreffen ist, immer wieder überrascht. Der Film ist eine tragisch-schöne Mischung aus skurrilem Humor und Emotionen, die mitten ins Herz treffen. Und nicht zuletzt durch eine herausragende Kate Winslet, die im Zarten alter von 29 zum 4. Mal für diesen Film für den Oscar vorgeschlagen wurde und damit die Rekorde von Marlon Brando und Elizabeth Taylor eingestellt hat. Und einen Jim Carrey, der hier ganz nebenbei seine Arbeiten zu „Truman Show“ und „Man on the Moon“ toppt und seine Karrierebestleistung abliefert.

„Eternal Sunshine of the spotless Mind“ (Ewiges Sonnenlicht erlöschender Gedanken, so der poetischere Originaltitel) ist ein ganz besonderes Erlebnis mit enorm viel Charme, Herz und Verstand, der seine ganze komplexe Bandbreite erst nach mehrmaliger Betrachtung vollkommen offenbart und damit immer wieder aufs Neue fasziniert. Auch 10 Jahre nach dem Kinostart ein Muss für jeden Cineasten und seitdem ein fester Bestandteil in sämtlichen Kritikerbestenlisten. Zurecht mit dem Oscar für das „Beste Drehbuch“ geadelt worden, deren Struktur einartig komplex und voller wahrhaftiger poetischer Zitate nur so strotzt. Die Nebendarstellerriege besteht aus namenhaften Darstellern wie dem großartigen Tom Wikinson als behandelnder Arzt, sowie den Helferlingen Kirsten Dunst, Mark Ruffalo und Elijah Wood, die alle in kleinen Nebensträngen auch ihre kleinen Wahrheiten offenbaren. Meisterlich! Ebenso die technische Umsetzung auf visueller und tontechnsicher Ebene, die meines erachtens immer viel zu wenig in Kritiken zu dem Werk Erwähnung findet.
USA – 2004 – 1 Std. 48 Min.
Regie: Michel Gondry
mit Kate Winslet, Jim Carrey, Tom Wilkinson, Kirsten Dunst, Mark Ruffalo, Elijah Wood
Genre: Science-Fiction / Romanze / Dramedy
Filmpreise – ein kleiner Auszug:
Oscar:
- Bestes Original-Drehbuch (Charlie Kaufman)
Oscarnominierung:
- Beste Hauptdarstellerin (Kate Winslet)
Golden Globe-Nominierungen:
- Beste Komödie/Musical
- Beste Hauptdarstellerin in einem Musical oder Komödie (Kate Winslet)
- Bester Hauptdarsteller in einem Musical oder Komödie (Jim Carrey)
- Bestes Drehbuch (Charlie Kaufman)
BAFTA Awards:
- Bestes Original-Drehbuch (Charlie Kaufman)
- Bester Schnitt
BAFTA-Nominierungen:
- Bester Film
- Beste Regie (Michel Gondry)
- Beste Hauptdarstellerin (Kate Winslet)
- Bester Hauptdarsteller (Jim Carrey)
Screen Actors Guild Award-Nominierung:
- Beste Hauptdarstellerin (Kate Winslet)