Mark Schultz (Channing Tatum) hat mit 27 Jahren bereits den Höhepunkt seiner Karriere als Ringer erreicht. Gemeinsam mit seinem Bruder Dave (Mark Ruffalo) holte er die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 1984. Seitdem ist Mark in seiner eintönigen Alltagsroutine gefangen, bis eines Tages ein Anruf des Milliardärs John Du Pont (Steve Carell) sein Leben umkrempelt. Er lädt Mark ein, auf sein Anwesen zu ziehen und dort dessen Team „Foxcatcher“ für die Olympischen Spiele 1988 zu trainieren. Mark teilt ab sofort das Luxusleben seines Geldgebers, geht auf elegante Partys, nimmt mit ihm gemeinsam Drogen. Auf der anderen Seite sieht er sich jedoch auch den exzentrischen Launen seines Gönners ausgesetzt, für den einzig und allein der Erfolg zählt. Um dem großen Druck gerecht zu werden, holt Mark später auch seinen Bruder Dave mit ins Boot. Er soll dabei helfen das Team „Foxcatcher“ auf Olympia-Niveau zu trainieren. Du Ponts Erfolgswahn führt jedoch schon bald für alle Beteiligten zu einer Katastrophe…
Foxcatcher ist die dritte Regiearbeit von Bennett Miller und könnte nach Capote und Moneyball auch der dritte Film in Folge des Regisseurs sein, der für den Oscar als Bester Film nominiert wird. Ob er das auch verdient hätte ist eine andere Frage…
Foxcatcher besticht in erster Linie vor allem durch seine großartigen Schauspieler: US-Komiker Steve Carell, der sonst eher durch Blödelrollen aufgefallen ist, hat man so auf jeden Fall noch nicht gesehen. Seine Darstellung als erfolgsverwöhnter Milliardär mit psychopathischen Ansätzen ist gleichermaßen grotesk und verängstigend und könnte zurecht mit einer Oscar-Nominierung belohnt werden. Auch Channing Tatum meistert seine Performance mit Bravour: Als nach außen hin simpel gestrickter Sportler verkörpert er perfekt dessen Gefühlsachterbahn zwischen Frustration und dem Verlangen nach Anerkennung, ohne dabei zu viele Emotionen nach außen zu kehren. Das muss man erst einmal können und viele hätten es dem Muskelmann bei seiner bisherigen Rollenauswahl wohl kaum zugetraut. Mark Ruffalo macht seine Sache ebenfalls gut, allerdings hat er auch nicht wirklich viel zu tun in seiner Rolle , weshalb ich mich frage, wieso er auf allen Nominierungslisten sicher gesetzt ist. Die Show und großen Darsteller-Momente gehören hier ganz klar den beiden Hauptdarstellern Carell und Tatum.
Mit Bennett Miller selbst tue ich mich eher schwierig. Ich mag seine kühle Art zu inszenieren. Das hat mir schon bei Capote sehr gut gefallen, obwohl ich dem Film, abgesehen von Philip Seymour Hoffmans Darstellung, nicht viel abgewinnen konnte. Auch Moneyball wurde dank Millers Inszenierung trotz der Thematik, nicht zum klassichen Feel-Good-Sportfilm. Miller setzt seine Filme sehr ruhig und mit einem distanzierten Blick in Szene, ohne viel Schnickschnack. Das ist bei der heutigen sehr rasanten Filmwelt eine willkommene Abwechslung und wirkt großartig auf die Bildgestaltung. Allerdings hat mich bisher auch noch keine seiner manchmal „zu“ ruhigen Erzählungen richtig vom Hocker gehauen. Capote ist, abgesehen von den eben positiv erwähnten Punkten, unfassbar langweilig. Und auch Moneyball fand ich bestenfalls ganz nett.
Auch bei Foxcatcher liegt der Schwachpunkt auf der Erzählung. Zu Beginn schafft es die Geschichte, gepaart mit Millers Charakterzeichnung und Inszenierung, eine grundsolide Spannung aufzubauen. Allerdings schafft der Film es nicht, diese Spannung zu halten. Aus meiner Sicht liegt es daran, dass der Fokus zu sehr auf Mark Schultz gelegt wird. Dass er nach Erfolg strebt und immer wieder mit sich selbst hadern muss, hat der Zuschauer schnell verstanden. Eine intensivere Porträtierung der Bruder-Beziehung, ob positiv oder negativ, wäre nebenbei wünschenswert gewesen. Dave Schultz bleibt leider immer zu sehr im Hintergrund. Viel interessanter wäre auch die Einbeziehung eines Psychogramms von John Du Pont gewesen. Erst Recht, wenn man das Unglück am Ende bedenkt, auf das der Film zusteuert. Viele seiner Handlungen, Denkweisen und Motivationen werden zumindest durch Gespräche mit Du Ponts Mutter (Vanessa Redgrave) angedeutet, aber die Entwicklung von John bleibt weitestgehend auf der Strecke. Das Ende funktioniert für mich dadurch auch nicht richtig, da der Zuschauer auch mit dem „wie“ und „weshalb“ eher allein gelassen wird und es in Anbetracht der vorangehenden Szenen eher Fehl am Platz wirkt. Es fühlt sich so an, als habe man die erste Hälfte des Films auf zwei Stunden ausgedehnt, die zweite Hälfte komplett rausgeschnitten und dem Zuschauer dann einfach das Ende präsentiert. Wenn man bedenkt, dass der Rough-Cut des Films 4 Stunden dauerte, ist das vielleicht sogar nicht ganz unwahrscheinlich.
Für mich reiht sich Foxcatcher nahtlos in die anderen Werke von Bennett Miller ein. Tolle Inzenierung und zwei grandiose Hauptdarsteller in einer teils langatmig und eintönig erzählten Geschichte, aus der man durchaus hätte mehr machen können. Ich bin gespannt, ob sich Miller in naher Zukunft mal einem Drehbuch widmen wird, dass den Zuschauer durch seine Story richtig fesselt. Dann hat er mit Sicherheit haushohe Chancen auf den Oscar, denn hinter der Kamera ist der Mann wahrlich ein Genie.
USA – 2014 – 134 Min.
Regie: Bennett Miller
mit Steve Carell, Channing Tatum, Mark Ruffalo, Sienna Miller, Vanessa Redgrave
Genre: Drama