Lediglich achtzehn Spielfilmen gelang es in diesem Jahr, multiple Oscarnominierungen zu ergattern, wozu auch „Fences“ gehört, der neben der Königskategorie auch in drei weiteren Hauptsparten bedacht wurde. In völliger Unkenntnis darüber, dass Denzel Washington bereits zwei Mal zuvor auf dem Regiestuhl Platz genommen hat, konnte ich mir ebendieses theaterbasierte Drama nun im Rahmen einer Preview-Vorstellung anschauen und stellte vorab nicht nur sehr hohe Erwartungen an das Auftreten von Viola Davis. Schließlich gibt es aus meiner Sicht kaum etwas Besseres als eine gelungene Adaption eines Bühnenwerks für die große Leinwand, wie es beispielsweise „Wer Hat Angst Vor Virginia Woolf?“ oder „Glaubensfrage“ mehr als nur eindrucksvoll bewiesen haben. Im konkreten Fall jedoch liegt der hauptsächliche Haken in ebendieser Übertragung der theatralischen Vorlage begründet, denn es ist unglücklicherweise nur in Ansätzen geglückt, trotz einer Vielzahl an lebensrelevanten Bezügen eine durchgängige Kinoreife zu kreieren.
Die mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete, gleichnamige Vorlage des bereits 2005 verstorbenen Dramatikers August Wilson um eine afroamerikanische Familie aus Pittsburgh, welche nicht nur unter finanziellen Sorgen leidet, sondern sowohl mit dem Schicksal als auch mit zwischenmenschlichen Konflikten hadert, bietet zunächst einmal neben gediegenen, bewusst reduzierten Ausstattungselementen ein nicht negierbares, erzählerisches Potential, das gelegentlich sogar lyrische Züge entfaltet. So gelingt es vor allem, den patriarchalischen und herrischen Protagonisten Troy im Kontrast zur aufopferungsvollen Ehefrau in betont ambivalentem Licht erscheinen zu lassen, wozu speziell die passagenweise starken Dialoge beitragen. Auf der anderen Seite steht jedoch der ärgerliche Umstand, dass die Inszenierung insgesamt viel zu kopflastig, fingerzeigend und gewollt anmutet, den wiederkehrenden, fesselnden und berührenden Sequenzen, die primär vom Zusammenspiel der drei Hauptfiguren bestimmt werden, entgegen. Selbiges trifft auf die aufgrund von Momenten des Leerlaufs mindestens zwanzig Minuten zu lang geratene Laufzeit des Kammerspiels zu, während man sich nach einer höheren Präsenz von musikalischen Klängen gesehnt hätte. Die episodenhaft wirkende Erzählweise lässt deswegen einen Teil der Intensität verfliegen, was besonders deswegen als bedauerlich zu erachten ist, weil die Akteure ihr Bestes geben, um den Zuschauern Denkanstöße zu liefern. Ohne den mindesten Zweifel bildet Viola Davis den Dreh- und Angelpunkt des Ganzen und zeigt mit scheinbarer Mühelosigkeit erneut eine oscarreife, tiefempfundene Performance, die ich auf Augenhöhe zur Darbietung von Michelle Williams in „Manchester By The Sea“ sehe. Des Weiteren besteht Denzel Washingtons veritable Leistung nicht unbedingt in der Art der Regieführung, sondern viel mehr in seinem nuancierten und vielseitigen Schauspiel und auch Jovan Adepo agiert als sich zunehmend aufbäumender Sohn überaus sehenswert.
Dementsprechend ist „Fences“ beileibe alles andere als ein schlechtes Werk, überzeugt jedoch vordergründig nur als von den Darstellerbemühungen lebender Film, dem ferner eine noble und nachvollziehbare Intention zugrunde liegt. Leider kann ich mich allerdings des Eindruckes nicht erwehren, dass „Fences“ in nicht unbedeutendem Maße von der Diversitätsdebatte des letzten Kalenderjahres profitiert hat. Aus diesem Grund schließe ich mich in Summe den Worten des New Yorker Kritikers David Edelstein an, welcher treffend resümierte: „It’s not cinematic enough to make you forget you’re watching something conceived for (…) a more spatially constricted medium, but it’s too cinematic to capture the intensity (…) of a great theatrical event.“ Ab dem 16. Februar 2017 besteht hierzulande die Möglichkeit, die Literaturverfilmung in ausgewählten Lichtspielhäusern zu Gesicht zu bekommen.