James Bond 007: Keine Zeit Zu Sterben (OT: No Time To Die)

© Metro-Goldwyn-Mayer

Nach immenser Wartezeit glaubten wohl selbst Optimisten nicht mehr so recht daran, dass man den 25. Streich der 007-Reihe überhaupt auf der Leinwand zu sehen bekommen würde. Aufgrund kreativer Differenzen und der alles überschattenden Corona-Pandemie wurde die Veröffentlichung insgesamt fünf (!) Mal, insgesamt um annähernd zwei Jahre, nach hinten verschoben und auch Streamingdienste bissen sich auf der Jagd nach den Veröffentlichungsrechten vergeblich die Zähne aus. Wie schon in Gestalt des Vorgängers „Spectre“ forcierten die Verantwortlichen einen eleganten Mittelweg zwischen Nostalgie und Innovation, was an einigen Stellen ausgesprochen gut gelingt, an anderen jedoch deutlich weniger. Letztlich erwies sich vermutlich auch die hohe Erwartungshaltung als Kontrahent eines Werks, das seit gestern hierzulande für rappelvolle Kinosäle sorgt.

© Metro-Goldwyn-Mayer

„No Time To Die“ – erst die vierte Regietätigkeit von Cary Fukunaga – hat sich jedoch bereits vor seiner globalen Premiere zwei Rekorde gesichert. Es ist bis dato nicht nur der mit Abstand kostspieligste Bond-Film, sondern auch der längste. In handwerklicher Hinsicht setzen die Macher den Pfad der überaus sehenswerten Vorgänger fort, denn die involvierende, visuelle Gestaltung lässt ebenso wenig Wünsche offen wie die raffiniert in Szene gesetzten, konträren Drehorte in der Karibik, Südeuropa und Skandinavien. Getragen von einem bombastischen Soundtrack von Hans Zimmer und dem erstklassigen Titelsong, lässt man sich trotz der enormen Lauflänge mitreißen. Allerdings merkt man insbesondere dem ambitionierten Drehbuch an, dass offensichtlich zu viele Personen ihre Idee einbringen wollten. Trotz der veritablen Intention, starke Frauen in den Fokus zu rücken, wird hier ein Ur-Bond’sches Grundmuster wiederkehrend ad absurdum geführt. Dies zeigt sich vor allem in Szenen, in denen der anfangs im Ruhestand befindliche Protagonist aufgrund von zwei Damen und einem Kind Tränen mehrfach vergießt – und somit geradezu seltsam fragil wirkt. Deswegen stellt man sich die Frage, ob diese Perspektivierung aus voller Überzeugung gewählt wurde oder aufgrund dessen, weil man glaubte, dass die veränderte Gesellschaft dies einforderte.

© Metro-Goldwyn-Mayer

Daniel Craig selbst hatte vorher vehement erklärt, sich lieber „die Pulsadern aufschneiden lassen“ zu wollen als noch ein 5. Mal in seine Paraderolle zurückzukehren, doch ein Gagenangebot von 50 Millionen (!) Pfund ließ ihn seine Aussage augenscheinlich nochmal überdenken. Leider merkt man auch ihm an, dass er gedanklich wohl schon längst ausgestiegen war, denn es fehlte ihm trotz routinierter Coolnesss mehr als einmal an Präsenz und Fokus. Das Kernensemble rund um Ralph Fiennes, Naomie Harris und Ben Whishaw (sowie Christoph Waltz) bietet demgegenüber erneut starke Auftritte und auch Ana de Armas verleiht einer kurzen Performance in einem Kleid, für das man einen Waffenschein benötigt, enorme Spielfreude und Sex-Appeal. Als problematisch erweist sich dagegen vor allem die Besetzung von Oscarpreisträger Rami Malek in der Rolle des mit hochgefährlichen Biowaffen hantierenden Safir, denn seine Darbietung wirkt stellenweise wie eine einzige Parodie, die man trotz der Gegenwartsrelevanz nicht so recht ernst nehmen möchte. In diesem Zusammenhang wäre weniger vielleicht mehr gewesen.

© Metro-Goldwyn-Mayer

Bedauerlicherweise endet die Bond-Ära des mittlerweile 52-jährigen Craig ähnlich unbefriedigend wie jene von Pierce Brosnan, denn es handelt sich neben „Ein Quantum Trost“ um seinen schwächsten Einsatz. Trotz unverkennbarer Vorzüge kommt „Keine Zeit Zu Sterben“ letztlich nicht über einen soliden, spannenden und hochpolierten Agententhriller hinaus, der jedoch selbst für von Fans des Franchises reichlich überfrachtet worden ist. Man darf nun vor allem gespannt sein, wer Craigs Nachfolge antreten wird, und ob die Macher tatsächlich eine Jane Bond, einen schwulen Agenten im Geheimdienst der Majestät oder einen Darsteller afroamerikanischer Herkunft präferieren werden. Wie auch im Falle dieses Films ist dies aber vermutlich schlichtweg Geschmackssache.

UK / USA 2021 – 163 Minuten
Regie: Cary Fukunaga
Genre: Thriller / Action / Drama
Darsteller: Daniel Craig, Léa Seydoux, Ralph Fiennes, Ben Whishaw, Naomie Harris, Rami Malek, Christoph Waltz, Rory Kinnear, Jeffrey Wright, Lashana Lynch, Billy Magnussen, Ana de Armas, David Dencik, Dali Benssalah
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in 50 Jahre James Bond, Film des Monats, Film-Bösewicht, Kino, Original Song, Oscar, Reviews, Was läuft im Kino und getaggt als , , , , , , . Fügen Sie den permalink zu Ihren Favoriten hinzu.