The last Duel

©The Walt Disney Company Germany GmbH

Einst waren Jean de Carrouges (Matt Damon) und Jacques Le Gris (Adam Driver) beste Freunde. Gemeinsam haben die Knappen Seite an Seite in den 1370er-Jahren für den französischen König gekämpft. Doch seit einer Weile läuft es nicht mehr so recht zwischen den beiden. Während de Carrouges vor dem Ruin steht und sich von einem gefährlichen Feldzug in den nächsten stürzt, um das notwendige Geld zu erkämpfen, steht der intellektuell und gesellschaftlich bewanderte Le Gris in der Gunst des lokalen Fürsten Pierre d’Alençon (Ben Affleck). Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden, zumal de Carrouges einige schwere Demütigungen erfährt. Als seine Frau Marguerite (Jodie Comer) ihm nach einer seiner häufigen Reisen unter Tränen eröffnet, Le Gris habe sie vergewaltigt, steht für ihn fest, dass dieser in einem Duell auf Leben und Tod für dieses Unrecht bezahlen muss und fordert dieses beim König ein…

Ein Historiendrama, um die Ungleichbehandlung und Unterdrückung von Frauen zu verdeutlichen? Das klingt jetzt erst einmal nicht sonderlich interessant, von ambitioniert ganz zu schweigen. Denn dass das früher noch einmal schlimmer war als heute, das ist Allgemeinwissen. Sonderlich große Erkenntnisse können da kaum dabei herausspringen. Und doch gelingt es The Last Duel tatsächlich, mit dem Blick auf gestern einiges über heute auszusagen. Denn hier geht es nicht einfach darum, dass Frauen wie Vieh behandelt werden. Das werden sie natürlich, viele Male sogar. Spannender ist, wie der Film mithilfe von wechselnden Perspektiven aufzeigt, dass die Wahrheit manchmal im Auge des Betrachters liegt. Was für den einen eindeutig ist, kann beim nächsten schon ganz anders aussehen.

The Last Duel mit Matt Damon und Adam Driver
©The Walt Disney Company Germany GmbH

Bis es so weit kommt, dauert es jedoch eine ganze Weile. Zwar findet das titelgebende Duell trotz einleitender Ankündigung erst am Ende des Films statt, trotzdem lässt Regisseur Ridley Scott (Gladiator, Alien, Blade Runner) gleich zu Beginn die Waffen sprechen. Mit einer dreckigen Stürmung des Feindes geht es los. Auch später zeigt er uns immer mal wieder Ausschnitte aus einer Zeit, die von Kämpfen und Kriegen geprägt ist. Die eigentliche Spannung besteht bei The Last Duel jedoch weniger darin, ob nun Frankreich seine Feinde besiegt oder nicht. Im Mittelpunkt steht vielmehr das Verhältnis der beiden männlichen Hauptfiguren de Carrouges und Le Gris, welches freundschaftlich beginnt und sich mit der Zeit immer weiter verschlechtert, bis es um Leben und Tod geht?

Und doch ist The Last Duel eben kein herkömmliches Historiendrama, welches von großen Männern und großen Schlachten erzählt, dazu noch der einen oder anderen Intrige. Vielmehr interessiert sich das Drehbuchtrio Nicole Holofcener, Ben Affleck und Matt Damon für die Frau, die bei den beiden Streithähnen zwischen die Fronten gerät. Zu diesem Zweck ist der Film in drei Teile geteilt. Dabei schildert jeder prinzipiell dieselben Ereignisse, nur eben nacheinander mal aus der Sicht von de Carrouges, dann Le Gris und schließlich Marguerite. Und wie das bei solchen Mehrperspektivenfilmen so ist (als Paradebeispiel sei im Hostorienfach Kurosawas Rashomon genannt) verändert sich die Geschichte dabei von Mal zu Mal. Dabei sind es weniger die Handlungen an sich, die sich wandeln, sondern vielmehr die Einstellung der drei dazu.

The Last Duel
©The Walt Disney Company Germany GmbH

Als Idee ist das interessant, die konkrete Umsetzung lässt jedoch ein bisschen zu wünschen übrig. Gerade die ersten beiden Teile sind über weite Strecken so identisch, dass daraus kein echter Mehrwert entstehen vermag, so dass im Mittelteile einige Längen entstehen. Beim dritten Teil jedoch geht die Erzählweise tatsächlich auf. An der Stelle schlägt The Last Duel auch den Bogen zur Gegenwart, wenn es nicht allein darum geht, einen Mann für dessen Vergehen zu bestrafen. Der verstörendste Aspekt des Werkes ist, dass es bei dem Vergewaltiger überhaupt kein Bewusstsein für seine Tat gibt. Er merkte nicht einmal, was er da tat. Da sind einige starke Szenen dabei, die einem nahe gehen, selbst wenn das Drehbuch dazu neigt, alles ein bisschen sehr explizit und ausführlich auszuformulieren.

Damit muss man sich abfinden können, ebenso mit der einen oder anderen etwas ungewöhnlichen Haarpracht, um es charmant auszudrücken. Dafür sind die historischen Kulissen und die aufwendige Ausstattung, mitsamt der Kostüme ein Augenschmaus. Und dann ist da noch das Duell. Das Historiendrama lässt die Geschichte noch einmal richtig wuchtig ausklingen, wenn der Kampf auf Leben und Tod auf brachiale Gewalt hinausläuft.  Das Ergebnis beeindruckt, selbst wenn es wie so manches bei The Last Duel irgendwie zwiespältig ist. Die Frage nach richtig und falsch darf gestellt werden. Eine Antwort hierauf sollte aber niemand erwarten.

USA / GB 2021 – 152 Minuten
Regie: Ridley Scott
Genre: Historiendrama
Darsteller: Matt Damon, Adam Driver, Jodie Comer, Ben Affleck, Alex Lawther, Marton Csokas, Michael Mcelhatton, Zeljko Ivanek, Clare Dunne, Nathanie Parler, Adam Nagaitis, uva.  

 

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