Silver Lining Critics: März 2013 -2-

Schutzengel

*nuschel**nuschel**nuschel**nuschel**nuschel*

Über Til Schweiger kann man geteilter Meinung sein: Die eine Hälfte hasst ihn und die andere Hälfte… schaut seine Filme erst gar nicht an. Aber im Ernst: Mir sind seine Filme reichlich egal, aber muss man Schutzengel eine Sache wirklich anrechnen: Der Regisseur Til Schweiger schaft es deutsche Filme wie US-Produktionen aussehen zu lassen und hat doch ein gewisses Händchen für Spannung. Der Regisseur Til Schweiger ist also um Längen besser als der Schauspieler oder gar der Autor Til Schweiger. Denn die Story von Schutzengel ist dünn und orientiert sich am gängigen Schweiger-Muster, welches ich nicht wiederholen brauche: Kennt man einen, kennt man alle. Die Dialoge sind teilweise zum fremdschämen und Schweiger-Tochter Luna Schweiger ging mir in der großen Shootout-Szene in der Wohnung noch mehr auf die Eier als Dakota Fanning in Krieg der Welten. Vater und Tochter spielen also eher unterdurchschnittlich und da können auch eigentlich gute Schauspieler wie Herbert Knaup und Moritz Bleibtreu nichts ausrichten: Was soll man bei so einem Drehbuch auch groß machen? Den Vogel aber schießt Heiner Lauterbach ab: Bei ihm war ich mir nie ganz sicher, ob er wirklich ernsthaft spielte oder doch so clever war seine Figur diese General Bison-Note zu geben. Wie also ist der Film? Sagen wir es mal so: Regisseur Til Schweiger beweist mal wieder ein Auge für Optik und Style, versagt aber vollkommen als Autor und schrammt als Schauspieler knapp dran vorbei. Ein schlechter Film? Das nicht, aber viel fehlt dazu nicht.

Deutschland – 2012 – 2 Std. 12 Min.
Regie: Til Schweiger
mit Til Schweiger, Moritz Bleibtreu und Karoline Schuch
Genre: Action, Drama

The Flowers of War (OT: Jin líng shí san chai)

The Whores are back in Town! The Whores are back in Town!

So viel sei gesagt: Hero– und House of Flying Daggers-Regisseur Zhang Yimou liefert mit seinem packenden und tief ergreifenden The Flowers of War keine leichte Kost ab. Wer also mit einen Film wie Die Geisha rechnet, wird enttäuscht sein. Obwohl dass das falsche Wort ist: Eher erschüttert. Schonungslos, bild- und soundgewaltig wird dem Zuschauer das Schicksal eines amerikanischen Priesters geschildert, der versucht eine Gruppe Klosterschülerinen und eine Gruppe Prostituierten vor den Übergriffen der einfallenden japanischen Truppen zu schützen. Fast ohne jeden Kitch sieht man das Leiden des Krieges, das die jungen Mädchen und die Straßendirnen durchleben müssen: Da wird aus dem nichts einer Klosterschülerin in den Kopf geschossen und Christian Bale zeigt seine meisterhafte Klasse als Schauspieler, als er versucht die in das Kloster einfallenden japanischen Soldaten daran zu hindern eben diese jungen Mädchen direkt im Gotteshaus zu schänden. Gerade diese lange Sequenz tut beim Zuschauen richtig weh und man spürt die blinde Verzweiflung, die die Figur von Bale durchmachen muss; denn so ganz freiwillig ist er nicht in der Position. Aber auch die restlichen Schauspieler können sich durchaus sehen lassen: Angefangen von den jungen Darstellerinnen der Klosterschülerinen, bis zu den anmutigen Prostituierten-Darstellerinen werden ihr über die Maße gute Darbietungen abgeliefert. Auch nicht unerwähnt lassen möchte ich Kameramann Zhao Xiaoding, der einige zutiefst berauschende Sequenzen schuf, die einem noch lange im Gedächtnis bleiben; und natürlich das Sound-Design. Ein wunderbarer Film, der in Deutschland – trotz der Beteiligung von Christian Bale – fast keine Beachtung erhalten hat. Schade eigentlich.

China – 2011 – 2 Std. 22 Min.
Regie: Zhang Yimou
mit Christian Bale, Ni Ni und Xinyi Zhang
Genre: Drama, Kriegsfilm

Eden (2012)

Was mache ich hier nur? Sollte das nicht ein ernsthafter Film über das Opfer eines Menschenschmuggler-Rings werden?

Die Grundidee hinter Eden war eigentlich gar nicht mal schlecht: Es geht um die junge Hyung Jae (Jamie Chung), die entführt wird und für einen Menschenhändler-Ring arbeiten muss. Ihr neues „Zuhause“ ist dabei eine Farm, wo sie mit anderen Mädchen zur ihren Kunden gefahren wird. Zwei ganze Jahre dauert dieser Horror-Trip für Hyung Jae und doch beißt sie sich irgendwie durch. Wie schon gesagt: Aus der Grundidee hätte man verdammt viel machen können; z. B. ein tiefgreifendes Drama über die Praktiken der modernen Menschenhändler, die nicht nur im fernen Asien ihr Werk verrichten, sondern durchaus auch in den USA. Ja: Selbst eine Art Hostel hätte man daraus knüpfen können. Alles wäre besser gewesen, als diesen unfassbar Hollywood-typische 08/15-Käse. Zu keiner Sekunde leidet man mit Hyung Jae. Nein: Der Film macht einfach kackfrech einen Zeitsprung und schon ist die vormals eingeschüchterte Hyung Jae die toughe Hure von Nebenan! Was dazwischen passiert? Was für Schmerzen und Ängste sie durchmachen musste? Wird einfach nicht erzählt! Es ging mir noch nicht mal darum, dass der Film mit jede Sex- oder Folter-Szene detailreich gezeigt hätte. Aber was Megan Griffiths hier abliefert, ist nichts mehr als eine um Betroffenheit betelende Version eines rundgelutschten Filmes, die man Zuhauf aus Hollywood bekommt: Der Schrecken wird einfach weggewischt, alle sehen wie frisch aus Gossip Girl gecastet aus und darauf habe ich einfach keinen Bock. Da kann auch das gute Spiel von Jamie Chung, Matt O’Leary und Beau Bridges nichts dran ändern.

USA – 2012 – 1 Std. 23 Min.
Regie: Megan Griffiths
mit Jamie Chung, Beau Bridges und Scott Mechlowicz
Genre: Drama

Vamps – Dating mit Biss (OT: Vamps)

Hey Bella: Wir zeigen dir mal, was echte coole Vampire sind, Bitch!

Ach du Scheiße: Ein Film über Vampire! Mit dem Titel Vamps – Dating mit Biss! Ist das Alicia Silverstone und Krysten Ritter auf dem Cover? Ich sage es ganz offen: Besonders große Lust hatte ich auf diesen Film nicht. Aber das soll ich sagen: Nach 93 Minuten war ich doch ganz positiv überrascht: Amy Heckerling wandert nicht auf Twilight-Wegen, sondern liefert vielmehr eine Art Clueless – Was sonst! mit Vampiren ab. Selbst Hauptdarstellerin Alicia Silverstone hat sie mitgebracht die sich mit Kollegin Krysten Ritter die Bälle zuwirft und genau wie vor 18 Jahrne bereitet auch dieser Film vor allem eines: Jede Menge Spaß. Über die Story müssen wir nicht groß reden, die ist eher nebensächlich. Vor allem geht es um das Leben der ewig… ähm… jungen (zumindest Krysten Ritter) Untote und wer damals Clueless – Was sonst! gesehen hat, weiß welchen Grundton der Film hat. Man kann sich wohlig auf dem Sofa zurücklehnen und Goody (Alicia Silverstone) und Stacy (Krysten Ritter) bei ihren kleinen Abenteuern auf den Straßen New Yorks zusehen. Die Witze und skurrilen Szenen sind stimmig verbaut und so richtig ernst nimmt sich der Film eh nicht. Dazu passt auch Sigourney Weaver als Obervampirin Cisserus und Malcolm McDowell als Vlad Tepes. Ein feiner Film für den von mir oft propagierten „mit dickem Schädel auf dem Sofa gammeln“-Sonntag.

USA – 2012 – 1 Std. 33 Min.
Regie: Amy Heckerling
mit Alicia Silverstone, Krysten Ritter und Dan Stevens
Genre: Komödie, Horror, Romanze

Vatertage – Opa über Nacht
[Fügen Sie hier bitte einen typischen bayerischen Satz ein]

Vielleicht liegt es einfach daran, dass ich Rheinländer bin, warum ich mit dem Film nicht wirklich warm geworden bin. Denn was Ingo Rasper mit Vatertage – Opa über Nacht auf die Leinwand gebracht hat ist kein deutscher Film, sondern ein bayerischer Film. München als heimlicher Hauptdarsteller ist zwar hübsch in Szene gesetzt, aber die Story ist dann doch so knochentrocken, 08/15 und auf bayerisch getrimmt, dass sich bei mir keine rechte Freude beim Sehen einstellen wollte. Sebastian Bezzel spielt zwar einen wunderbar machohaften Lebeman der eines Tages nicht nur damit zurechtkommen muss, dass er Vater ist, sondern auch Opa, aber der Film ist so verdammt klischeebeladen, dass es mich im Nachhinein fast noch mehr ärgert: Münchner sind genau so wie man sich Münchner vorstellt und die sächsische Freundin seiner Filmtochter aus Bitterfeld (okay: Sachsen-Anhalt!) ist so… wie man sich so eine Figur vorstellt! Da hat Markus Goller mit Eine ganz heiße Nummer 2011 den ganz klar besseren bayerischen Film abgeliefert. Aber eine Sache muss ich dem Film wirklich zugute halten: Und zwar das wunderbare Spiel von Heiner Lauterbach als schwuler Vater unseres Hauptdarstellers. Das lässt sogar seinen Auftritt in Schutzengel vergessen.

Deutschland- 2011 – 1 Std. 30 Min.
Regie: Ingo Rasper
mit Sebastian Bezzel, Heiner Lauterbach und Adam Bousdoukos
Genre: Komödie, Romanze

Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin (OT: Ruby Sparks)

Ein hübsches und real gespieltes Paar macht noch keinen guten Film… oder doch?

Was habe ich mich auf den neuen Film der Little Miss Sunshine-Machern Jonathan Dayton und Valerie Faris gefreut; und was kam dabei heraus: Ein ganz, ganz seltsamer Film. Das Hauptproblem für mich war schon die Story: Der junge Autor Calvin hat eine Schreibblockade und erfindet eine Romanfigur namens Ruby; und eines Tages ist eben diese Ruby lebendig. Also wirklich lebendig! Es ist nicht so, dass sie nur für Calvin exisiert: Sie lebt wirklich! Und unser Autor kann durch Verändern seines Romanes auch Ruby verändern. Vielleicht liegt es einfach daran, dass Zoe Kazan zwar eine grundsympatische Darstellerin ist, aber keine besonders gute Autorin: Das komplette Fundament des Filmes ist so bescheuert, unlogisch und bei den Haaren herbeigezogen, dass ich mich nich auf das durchaus gute Spiel zwischen Kazen und ihrem wirklichen Lebensgefährten Paul Dano einlassen konnte. Immer dachte ich mir: Wenn sie nicht real ist, warum ist sie dann real? Und wenn sie real ist, warum kann Calvin sie dann verändern? Das ist der ganz große Knackpunkt an dem Film. Was ich dem Film aber trotzdem anrechnen ist das schöne Spiel von Kazan und Dano, sowie Annette Bening und Antonio Banderas als Eltern von Calvin. Auch fängt er sich zum Ende ein bisschen, kann aber den bitteren Geschmack der vorigen Minuten nicht abschütteln. Schade, wirklich schade.

USA – 2012 – 1 Std. 44 Min.
Regie: Jonathan Dayton und Valerie Faris
mit Paul Dano, Zoe Kazan und Chris Messina
Genre: Komödie, Fantasy, Romanze

Miss Bala

Definiere Ironie: Dieses Bild!

Mein lieber Herr Gesangsverein! Was Gerardo Naranjo da in den fast zwei Stunden dem Zuschauer um die Ohren haut, kann man schon als großes Kino bewerten: In dem mexikanischen Kandidaten für die Oscar-Verleihung 2012 bekommt man eine Sache nicht: Zeit zum Verschnaufen. Ohne Stop verfolgen wir die in ärmlichen Verhältnisse lebende Laura hautnah auf ihrem Weg durch die koruppten und drogen- und gewaltverseuchten Straßen Tijuanas. Dabei wollte sie nur bei der Miss Baja California-Wahl mitmachen und am Ende wird sie von einem Cop – dem sie sich eigentlich Hilfe versprochen hat – an eine Bande von Gangstern verkauft und gezwungen eine Ladung Drogen zu schmuggeln. Die Krönung des Ganzen ist eine Schönheitswahl, die so dermaßen bizzar wirkt, dass man gar nicht oft genug mit dem Kopf schütteln möchte. Denn was die arme Laura bis dorthin durchmachen muss, ist kaum in Worte zu fassen: Die wird verkauft, beschossen und ist eigentlich permanent auf der Flucht. In rauen und direkten Bildern zeigt uns Gerardo Naranjo das Leben auf den Straßen Mexikos, fernab von Badestränden und Party. Hier herrscht nur eine Macht: Das Drogenkartel. Die Kamera von Mátyás Erdély ist immer hautnah am Geschehen dabei und findet seinen Glanzpunkt in einer Sequenz, der der großen One-Shot-Szene aus Cildern of Men in Nichts nachsteht. Das das ehemalige Model Stephanie Sigman fast keine Erfahrung als Schauspielerin hat, erweist sich dabei als großer Glücksgriff, denn so nimmt man ihrer Figur jede einzelne Sekunde und jede Scheiße ab, in die sie wortwörtlich schliedert. Meine volle Empfehlung für diesen Film, den man gesehen haben muss! MUSS!

Mexiko – 2011 – 1 Std. 53 Min.
Regie: Gerardo Naranjo
mit Stephanie Sigman, Noe Hernandez und James Russo
Genre: Drama

Youth in Revolt

Das einzig coole an diesem Film: Der Mistkerl hier.

Hier möchte ich es wirklich kurz machen: Wenn ein Film mit mehreren Jahren Verspätung endlich hier direkt auf Video erscheint, ist das oft kein gutes Zeichen. Und Youth in Revolt ist tatsächlich eine wahrgewordene Frechheit von einem Film. Konnte mich Michael Cera als Scott Pilgrim noch überzeugen, ging er mir in diesem Möchtegern-Indie-Film mit seiner Valium-Art so dermaßen auf die Nüsse, dass ich ihm am liebsten in die Fresse geschlagen hätte; den gleichen Schuh darf sich Syncronsprecher Nicolas Artajo gleich mitanziehen! Die Story ist zum wegdüsen, die Figuren unsympathisch, die Dialoge flach und wie aus dem Kaugummiautomat für Indiefilme gefischt. Es hat also doch einen Grund, warum man vier Jahre auf diesen Film verzichten musste; über weitere Jahre in Vergessenheit hätte ich mich mehr gefreut als über diesen Film. Obwohl: Eine gute Sache hat der Film: Michael Ceras Spiel als Alter-Ego François Dillinger. Über diesen Son of a Bitch hätte man gerne einen Film machen können, anstatt über den Typen, den Cera auch schon in Juno und anderen Filmen gespielt hat.

USA – 2009 – 1 Std. 32 Min.
Regie: Miguel Arteta
mit Michael Cera, Portia Doubleday und Jean Smart
Genre: Komödie

Back in the Game (OT: Trouble With The Curve)

*grummel**grummel**grummel**grummel**grummel* – „Ich liebe dich trotzdem.“ – *grummel**grummel**grummel**grummel* – „Das freut mich.“

Man kann wirklich von Glück sprechen, dass Clint Eastwood sein Versprechen gebrochen hat, nie wieder als Schauspieler zu arbeiten. Denn eigentlich sollte Gran Torino sein letzter Film als Schauspieler werden. Aber wie hieß es schon bei Sean Conners: Sag niemals nie. Das Ergebnis dieses gebrochenen Versprechens: Der wunderbare und auf eine ehrliche Art erfrischende Back in the Game, der im Original Trouble With The Curve heißt; aber das hätte in Deutschland wohl keiner verstanden, hat der Titel doch eine größere Bedeutung für den Film. Eastwood gefällt in der Rolle des knochigen alten Dinosaurier (mein Gott: Niemand kann so eine Rolle so gut spiel wie Eastwood!), Amy Adams als seine Filmtochter ist eh immer zum Niederknien und Justin Timberlake entwickelt sich langsam zu einem Schauspieler, den ich sehr gerne in Filmen sehe (In Times mal ausgeklammert). Die Chemie zwischen den dreien stimmt, die ganze Geschichte wird sympathisch erzählt und der wahrscheinlich wichtigste Grund, warum ich den Film so mag: Es dreht sich auch um Baseball. Wobei im Vordergrund natürlich die Beziehung zwischen den Figuren steht. Ich kann es sehr schlecht in Worte fassen, aber ich war so positiv über den Film überrascht, dass er sich durchaus im Laufe der Zeit zu einem meiner Lieblinge mausern könnte. Kein Film dem ich zig Oscars geben würde, sondern einer, den ich mit Stolz einen Ehrenplatz in meine Filmsammlung gebe und einlege, wenn ich Lust auf Eastwood habe; und auf Baseball.

USA – 2012 – 1 Std. 51 Min.
Regie: Robert Lorenz
mit Clint Eastwood, Amy Adams und Justin Timberlake
Genre: Drama

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