Hier findet ihr wieder einige Kurzkritiken zu ein paar Filmen, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Mit dabei sind Brad Pitts Kriegsdrama Herz aus Stahl, Jason Reitmans Gesellschaftsdrama #Zeitgeist, die Cameron Diaz-Komödie Sex Tape, die kontoverse Nordkorea-Satire The Interview, Julianne Moores potentieller Oscarfilm Still Alice und die Indie-Perle Whiplash.
Viel Spaß beim Lesen!
HERZ AUS STAHL (OT: Fury)
David Ayers Actiondrama erzählt die Geschichte einer fünfköpfigen US-Panzertruppe, die im April 1945 mit einer tödlichen Mission hinter feindlichen Linien beauftragt werden. Im Fokus der Geschichte steht der junge Soldat Norman (Logan Lerman), der als Neuzugang der eingespielten Crew um Wardaddy (Brad Pitt) zugeteilt wird. Plötzlich befindet er sich mitten im grausamen Alltag des Krieges und muss schnell erkennen, dass in dieser harten Zeit kein Platz für sein Gutmensch-Denken ist…
Die ruhigen und beobachtenden Aufnahmen der ersten Hälfte und der pessimistische Score vom frisch gebackenem Oscarpreisträger Stephen Price lassen, trotz der heroischen Reden von Wardaddy, sämtlichen Patriotismus im Keim ersticken. Der Situation angemessen, wirkt das Werk somit viel mehr wie ein Horrorfilm. Das sonst in Hollywood so glorifizierte Heldentum wird ungeachtet der Figuren durch die kalte Szenerie entmythisiert. Dies wird vor allem durch den verstörenden Abspann noch einmal unterstrichen.
Der Kern der Story ist leider etwas zu einfach gestrickt und wenn das unausweichliche Finale naht, ahnt der Zuschauer bereits, wie der Film enden wird. Trotzdem kann die Geschichte durch viele bedrückende Spannungsmomente punkten. Brad Pitt setzt in seiner Rolle leider kaum Akzente und fällt immer wieder durch sein typisches Oberlehrergetue auf, starrt gedankenverloren in die Ferne und gibt eine pseudo-heroische Metapher nach der anderen von sich. Darstellerisch bleiben allerdings Logan Lerman, ausnahmsweise Shia LaBeouf und vor allem Jon Bernthal stark in Erinnerung.
Fazit: Ein sehenswerter und sehr düster erzählter Film über die Grausamkeiten des Krieges.
USA 2014 – 134 Min.
Regie: David Ayer
mit Brad Pitt, Logan Lerman, Shia LaBeouf
Genre: Action/Drama
#ZEITGEIST (OT: Men, Women & Children)
Jason Reitmans sechster Kinofilm erzählt verschiedene miteinander verwobene Geschichten über den Effekt, den das Internet auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen ausübt. Im Prinzip, wie der deutsche Titel schon sagt, ein guter Ansatz, der zur richtigen Zeit kommt. Das Ergebnis ist allerdings zu gewollt und konstruiert, so dass der Film leider über das Mittelmaß nicht hinausgeht.
Reitman scheitert in erster Linie an seinem krampfhaften Versuch sämtliche Gefahren des Internets darstellen zu wollen. Dadurch schafft er leider zu wenig andere Perspektiven. Viele der Handlungsstränge werden einfach zu sehr mit der Moralkeule erzählt und können so kaum einen Zugang zum Zuschauer aufbauen. Besonders die von Jennifer Garner gespielte Mutter, die im Kontrollwahn das Internetleben ihrer Tochter observiert, ist zu klischeebeladen und hysterisch gezeichnet. Das unglaubwürdige Ende ihrer Geschichte macht das ganze leider nicht besser.
Trotzdem kann der Film mit einigen gesellschaftskritischen Aspekten punkten, die durchaus zum nachdenken anregen. Am stärksten ist die Geschichte um das Ehepaar Don und Helen (Adam Sandler und Rosemarie DeWitt), die im Alltagstrott die Leidenschaft füreinander verloren haben und im Internet nach neuer Nähe suchen. Besonders die finale Szene zwischen den beiden macht auf subtile Weise Angst.
Ich bin übrigens absolut kein Fan von Adam Sandler und gehöre auch nicht zu der Fraktion, die sofort „Oscarnominierung!“ schreit, wenn der Kerl mal aus seiner üblichen Rollenauswahl ausbricht und etwas dramatisches spielt. Bisher fand ich ihn auch in Filmen wie Die Liebe in mir oder Punch-Drunk-Love allenfalls solide bis gut. Hier sticht Sandler allerdings aus dem großen Cast heraus und liefert die beste Leistung seiner Karriere ab. Die sensible Art und das unterdrückte Verlangen nach Zärtlichkeit bringt der Komiker nahezu perfekt rüber und erweckt durch die Handlungen seines Charakters gleichermaßen Mitgefühl und Abneigung beim Zuschauer. Weitere tolle Darstellungen kommen außerdem von Dean Norris (Hank Schrader aus Breaking Bad) und Judy Greer.
Fazit: Die guten Ansätze sind da, aber am Ende wäre weniger vielleicht mehr gewesen: Weniger Szenarien, weniger Moral, weniger Klischees.
USA 2014 – 119 Min.
Regie: Jason Reitman
mit Adam Sandler, Rosemarie DeWitt, Jennifer Garner
Genre: Drama
SEX TAPE
Jake Kasdans neue „Komödie“ ist bei mir schon jetzt der Spitzenkandidat für den schlechtesten Film 2014. Schon die Ausgangssituation ist sowas von unglaubwürdig, dass man als Zuschauer pausenlos den Kopf schütteln muss: Das Ehepaar Annie und Jay (Cameron Diaz und Jason Segel) möchte sein Sexleben mit einem selbst gedrehten schmutzigen Video wieder aufpeppen. Das Filmchen landet „aus Versehen“ in der Cloud, die mit zahlreichen iPads verknüpft ist, die Jay an alle verschenkt hat, die er kennt – sogar den Postboten (ist klar!)…
Anstatt die völlig hirnlose Geschichte mit zündenden Gags anzureichern, graben der Regisseur und seine Drehbuchautoren sämtliche präpubertären schlechten Witze aus und stopfen ihren Film damit so voll, dass der Zuschauer nicht mal ansatzweise eine Chance zum Lachen bekommt. Der furchtbar schlechte und unkomische Gastauftritt von Jack Black bildet dann den Höhepunkt der grandiosen Peinlichkeit. Am liebsten wollte ich mir die Augen mit heißen Nadeln ausstechen, denn sowas grottiges und unlustiges, das tatsächlich als Komödie durchgehen möchte, sollte auf jeden Fall mit einem Warnhinweis versehen werden.
Fazit: Das ist kein Film, sondern purer Dreck! Gott, lass Hirn und goldene Himbeeren vom Himmel regnen!
USA 2014 – 94 Min.
Regie: Jake Kasdan
mit Cameron Diaz, Jason Segel, Rob Lowe
Genre: Komödie
THE INTERVIEW
Was hat dieser Film für einen Medienrummel ausgelöst bei dem sich am Ende sogar die Politik einschalten musste! Es ging sogar so weit, dass Sony den Film nicht mehr zeigen wollte und den Starttermin aufgrund von Terrordrohungen abgesagt hatte. Wenn ihr mich fragt, ein gekonnter Marketing-Schachzug des Studios, bei dem von Anfang an geplant war, den Film aus dem Programm zu nehmen, um erst einmal die Neugier zu schüren und ihn dann wenige Tage später doch noch auf die Menschheit loszulassen.
Am Ende gab’s aber eigentlich viel Lärm um nichts: The Interview ist eine klassische Franco/Rogen-Komödie, die sich in erster Linie durch verbalen Humor und derber Satire auszeichnet. Vor allem der Beginn des Films hält ein überraschendes Gagfeuerwerk mit einem Cameo von Eminem bereit und macht jede Menge Spaß. Wer This is The End mochte, wird an The Interview ebenfalls seine Freude haben. Selbstverständlich ist der Humor nicht jedermanns Sache, aber ich fühlte mich sehr gut unterhalten und finde die Chemie zwischen James Franco und Seth Rogen einfach stimmig. Der Film ist zwar kein großer Wurf, da die Filmemacher vor allem in den letzten 20 Minuten den Bogen etwas überspannen und teils mit der Entwicklung der Handlung sogar richtig nerven – das Endergebnis ist für Komödienfans trotzdem durchaus sehenswert. Dass beide involvierten Nationen ihr Fett weg bekommen macht den Film noch um einiges lustiger. Wieso James Franco auf der Shortlist der Goldenen Himbeere steht, ist für mich allerdings unverständlich – meiner Meinung nach hätte es für seine Moderatoren-Parodie eine Golden-Globe-Nominierung geben müssen. Die Kontroverse, die der Film ausgelöst hat, war und ist trotzdem unnötig.
Fazit: Gute Polit-Satire für Fans des sehr derben Humors.
USA 2014 – 112 Min.
Regie: Seth Rogen, Evan Goldberg
mit James Franco, Seth Rogen, Randall Park
Genre: Komödie
STILL ALICE
Da haben sich die Julianne Moore-Fans und wohl auch die Academy gefreut, als die bisher übergangene Darstellerin in letzter Minute doch noch mit einem Film um die Ecke kam, für den man ihr endlich den längst überfälligen Oscar geben kann. Einziger Wermutstropfen ist leider, dass der Film selbst nicht wirklich auszeichnungswürdig ist.
Alice (Julianne Moore) ist erst in ihren 50ern, als bei ihr eine seltene vererbbare Form von Alzheimer diagnostiziert wird. Mit dem Rückhalt ihrer Familie, versucht sie sich der unaufhaltsamen Krankheit zu stellen und muss bald merken, dass sie diesen Kampf verlieren wird…
So ergreifend das Schicksal der Protagonistin ist, so kalt lässt einen letztendlich die Erzählung der Geschichte. Die Thematik wurde beispielsweise in Sarah Polleys An ihrer Seite um Längen besser erzählt. Das Drehbuch hätte eher als RTL-TV-Roman fungieren können, denn es trieft geradezu vor Sentimentalität und öder Langeweile. So richtig in Gang kommt da leider gar nichts. Viel mehr folgt eine berechenbare Situation auf die andere. Und wenn Alice gegen Ende eine „ergreifende Rede“ hält, bekommt der Film leider auch noch den unnötigen Hollywoodkitsch verpasst, den man hier vielleicht besser vermieden hätte. Kristen Stewart setzt zudem mal wieder ihr gelangweiltes „Twilight-Gesicht“ auf und Alec Baldwin weiß in seiner Rolle als Ehemann auch nicht so richtig zu überzeugen. Julianne Moore macht ihre Sache gewohnt gut, keine Frage – aber seien wir mal ehrlich: Hätte sie schon einen Oscar in der Tasche, wäre dieser Film in der Versenkung verschwunden. Das wird dieses Jahr leider ein Karriere-Oscar und die kann ich ehrlich gesagt genauso gut leiden, wie Fußpilz. Ich gönne ihr den Preis, aber nicht für diesen Film und nicht für diese Rolle. Da kochen bei mir Gedanken an Jeff Bridges und Crazy Heart hoch. Moore hätte man schon 1998 für Boogie Nights auszeichen müssen – bis dato immer noch mit Abstand ihre beste Leistung!
Fazit: Gute Performance von Julianne Moore, aber erzählerisch eher seichtes TV-Niveau für die Tränendrüse.
USA 2014 – 101 Min.
Regie: Richard Glatzer, Wash Westmoreland
mit Julianne Moore, Alec Baldwin, Kristen Stewart
Genre: Drama
WHIPLASH
Der junge aufstrebende Jazz-Drummer Andrew (Miles Teller) geht auf die beste Musikschule des Landes und schafft es dort in die Band des berüchtigten Dirigenten Terence Fletcher (J.K. Simmons) aufgenommen zu werden. Während Fletcher sich anfangs noch nett gegenüber Andrew verhält, entpuppt sich der Lehrer schon bald als manipulativer Psychopath, der seine Schüler durch harsche Erniedrigungen an ihre Grenzen bringt, mit der Absicht diese zu überschreiten um ihr volles Potential auszuschöpfen. Die Demütigungen setzen Andrew dermaßen unter Druck, dass er sogar sein soziales Leben aufgibt, um sich ungeteilt der Musik zu widmen und den Anforderungen seines Lehrers gerecht zu werden…
Dieser Film schlägt ein wie eine Bombe: Whiplash ist wahrlich ein Psycho-Duell der Spitzenklasse. Die Musikschule ist hier kein Ort für Weichspüler, sondern ein Schlachtfeld. Die zwei Hauptdarsteller fungieren in ihren Rollen dermaßen überzeugend, dass sie beide mit Preisen überschüttet werden sollten. J.K. Simmons wird im Februar zurecht den Oscar mit nach Hause nehmen, denn sein psychopathisch beherrschendes Spiel ist mehr als eindringlich und wird durch ruhigere Szenen, in denen Fletcher seine Motivationen vermittelt, perfekt ausgeglichen. Miles Teller ist als ehrgeiziger und gebeutelter Schüler mindestens genauso fesselnd. Seine Rolle spielt er gleichermaßen grandios wie das Schlagzeug auf das er unaufhörlich eindrischt.
Dass Autor und Regisseur Damien Chazelle mit gerade einmal 29 Jahren so ein starkes Werk auf die Leinwand bringt, ist beachtlich. Das Drehbuch zeichnet sich vor allem durch seine unberechenbare psychologische Dramaturgie aus und erzeugt eine andauernde Grundspannung, die den Zuschauer pausenlos fesselt, während sich nach und nach der furiose Höhepunkt anbahnt. Auch die beklemmende Inszenierung und der grandiose Schnitt während der Drummer-Szenen, runden das Werk perfekt ab und verleihen der Erzählung zusätzliche Intensität. Dieser Film ist eine richtig grandiose Indie-Perle, die man gesehen haben muss. Und wenn man die zwei bis drei schnell aufeinanderfolgenden kleinen Wendungen am Ende des Films verarbeitet hat, wird einem auf einmal alles klar. Man wird danach den Drang verspüren, den Film gleich ein weiteres Mal sehen zu wollen, um das Psycho-Duell genauer zu analysieren. Wahrscheinlich wird einem auch erst bei der zweiten Sichtung die Genialität und Motivation dieser Erzählung bewusst. Ein eindringlicher und sehr gut gemachter Film, der abgesehen von seinem Nebendarsteller bisher viel zu wenig Beachtung gefunden hat.
Fazit: Ein gleichermaßen subtiles und hammerhartes Psycho-Duell mit grandiosen Darstellern und einem furiosem Finale. Einer der besten Filme des Jahres!
USA 2014 – 107 Min.
Regie: Damien Chazelle
mit Miles Teller, J.K. Simmons, Melissa Benoist
Genre: Drama