Ob Michael Keaton, Mark Ruffalo, Rachel McAdams und Brian D’Arcy James in Spotlight die Wahrheit ans Licht bringen, erfahrt ihr in meiner Review.
Als das Spotlight-Team des Boston Globes auf eine Geschichte von Missbrauchsfällen innerhalb der katholischen Kirche von Boston angesetzt wird, konnte noch niemand so richtig ahnen wie weitreichend und tief die Folgen der Recherche gehen würde. Am Ende stand der Rücktritt von Bernard Law, dem Erzbischof von Boston, eine Liste von 87 Priestern die sich alleine in Boston über Jahrzehnte an Kindern sexuell vergangen haben und was von der katholischen Kirche fleissig unter dem Mantel des Schweigens versteckt wurde und die schreckliche Gewissheit dass das alles nur die Spitze des Eisberges war.
Diesem Team von Journalisten – namentlich Walter „Robby“ Robinson, Michael Rezendes, Sacha Pfeiffer und Matt Carroll – setzt Tom McCarthy nun ein filmisches Denkmal welches gerade wegen seiner großen Nüchternheit und dem vollständigen Verzicht auf Pathos oder Tearjacker-Momenten unglaublich mitnimmt; und ja: Auch immer wieder wütend macht im Angesicht der falschen Scheinheiligkeit der katholischen Kirche in diesen Fällen.
Wie schon Alan J. Pakula mit Die Unbestechlichen konzentriert sich McCarthy auf die eigentliche journalistische Arbeit, wirft aber auch immer wieder kleine Blicke auf das familiäre Umfeld der vier Mitglieder, was vor allem eine großartige kleine One-Shot-Szene mit Brian D’Arcy James als Matt Carroll hervorbringt. Angefangen von einem kleinen Artikel den man sonst vielleicht beim Lesen übersehen würde, bis zum großen Knall am Ende mit überlaufenden Telefonleitungen werden wir Zeuge von Herzblut-Journalismus bei dem die Menschen – besser: die Opfer – und das Thema im Mittelpunkt stehen und nicht mögliche Ehrungen. Ein Punkt den man im modernen Journalismus vielleicht ganz gerne aus den Augen verliert.
Schauspielerisch stechen vor allem Michael Keaton als Chef des Teams Walter Robinson und Mark Ruffalo als Michael Rezendes hervor und gerade Ruffalo spielt sich nach Foxcatcher und Infinitely Polar Bear abermals die Seele aus dem Leib und fungiert als moralischer Kompass, Herz und Gewissen des Teams, während Keaton das Gehirn ist und damit zu kämpfen hat, dass ihm und seinem Team immer wieder von obersten Stellen Steine in den Weg geschmissen werden. Neben den beiden bleiben Rachel McAdams und Brian D’Arcy James zwar etwas zurück, spielen aber immer wieder stark auf – siehe z. B. die oben erwähnte Szene mit Brian D’Arcy James.
Ebenfalls nicht unerwähnt lassen möchte ich Liev Schreiber dem die kleine aber feine Rolle des neuen Chefredakteurs des Boston Globe zukommt, John Slattery als Ben Bradlee, Jr. – Sohn von Ben Bradlee, der Chefredakteur der Washington Post während der Watergate-Affäre war -, Stanley Tucci als Anwalt einer Anzahl von Opfern der körperlichen Vergewaltigungen der ähnlich groß aufspielt wie Ruffalo, sowie Billy Crudup als halbseidener Opferanwalt und Jamey Sheridan als anwaltliche Vertretung der katholischen Kirche: Sie alle bilden ein starkes Gerüst an Nebenfiguren das für so eine Art von Film einfach unverzichtbar ist.
Die Regie von Tom McCarthy ist direkt und ohne Schnörkel oder große Spielereien und legt zusammen mit Kameramann Masanobu Takayanagi den Fokus komplett auf die Figuren und die Geschichte. Untermalt wird das ganze von einem stimmigen und leicht reduzierten Score von Howard Shore der nie zu groß wirkt, sondern zu jeder Zeit genau die richtigen Töne trifft und das Geschehen auf der Leinwand perfekt untermalt.
Fazit: Es ist ein aufwühlender Film, den Tom McCarthy hier mit seinem Cast auf die Zuschauer loslässt; und es ist ein Film der zutiefst wütend und fassungslos macht. Erfindet den Journalismus-Film zwar nicht neu, aber man muss auch nicht immer auf Teufel komm raus das Rad neu entwerfen.