Arrival

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Während die Filmpreis-Saison langsam aber sicher ihre heiße Phase ansteuert und der Kreis der Anwärter auf die Nominierungen in Hauptkategorien sich infolgedessen verdichtet, lief hierzulande nun vor Kurzem „Arrival“ an, der bis dato in nahezu allen Bestenlisten des Jahres einen Platz gefunden hat. Nicht nur der enthusiastische Kritikertenor und bemerkenswerte Weiterempfehlungsraten trugen dazu bei, mir Denis Villeneuves inzwischen achte Kinoproduktion möglichst zeitig im Lichtspielhaus des Vertrauens anzusehen, sondern auch das Engagement von Amy Adams sowie ein gewisses Wunschdenken, einen ähnlich mitreißenden Film zu erleben wie „Gravity“, verbunden mit der Hoffnung, keinen „Interstellar“-Verschnitt zu Gesicht zu bekommen. Schlussendlich reihte sich die mit erstaunlichem geringem Budget gefertigte Genremischung qualitativ zwischen den beiden Genannten ein, überzeugte jedoch insbesondere wegen seiner Andersartigkeit.

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Der in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche, kurzgeschichtenbasierte und unter dem Arbeitstitel „The Story Of Your Life“ produzierte Zweistünder idealer Lauflänge über die mutmaßliche Invasion von gleich zwölf muschelförmigen Schwebeobjekten auf der Erde setzt gezielt und gleichermaßen konsequent auf das Stilmittel der Entschleunigung, einen philosophisch-intellektuellen Hintergrund sowie durchdachte Mystery-Elemente, die stellenweise an die vielgerühmte Filmographie von Altmeister Stanley Kubrick erinnern. Speziell die Szene des Erstkontaktes mit den „Heptapoden“ getauften Außerirdischen wird mir in bleibender Erinnerung bleiben und zählt sowohl atmosphärisch als auch inszenatorisch zu den mit großem Abstand besten des gesamten Filmjahres, bei denen man die Stecknadel sprichwörtlich hätte fallen hören können. Die zunächst als Rückblenden in die Vergangenheit der Linguistin Louise wahrgenommenen Sequenzen entpuppen sich schlussendlich nicht als solche und durchbrechen das wissenschaftlich-nüchterne Grundgerüst äußerst gekonnt, wenngleich die Macher sich gerade in diesen Momenten nicht entschlossen genug dafür aussprachen, eher Drama oder aber Science-Fiction sein zu wollen. Abgesehen von ein paar wenigen, inhaltlichen Aspekten, die trotz des futuristischen Settings eine Spur zu weit hergeholt anmuten, imponierte das clevere Drehbuch im Gegenzug hauptsächlich durch den reduzierten, besonnenen Einsatz von Actionsequenzen, die der durchgängigen Dramatik jedoch keinen Abbruch bereiteten, sondern mit Hilfe brillanter Kamera-, Schnitt- und Tonarbeit sogar den gegenteiligen Effekt evozierten, während auch die akribische, visuelle Effektgestaltung bewies, dass es zum Spannungsaufbau nicht immer Explosionen und Gefechten bedarf. Überdies komponierte der Isländer Jóhann Jóhannsson den inzwischen dritten, oscarwürdigen und kennzeichnenden Soundtrack in Folge und sorgte in den entscheidenden Momenten für eine atemberaubende Stimmung, dennoch muss man insbesondere Max Richter ein dezidiertes Kompliment aussprechen, der für die geniale Anfangs- und Schlussmusik verantwortlich war. Das aus einer nur geringen Anzahl an Schauspielern bestehende Ensemble wird getragen von einer starken, nachfühlbaren und couragierten Performance von Amy Adams als Sprachwissenschaftlerin, der man bis zum Schluss nicht von der Seite weichen möchte. In Summe bin ich nun jedoch noch gespannter auf ihre Leistung in „Nocturnal Animals“, die auf dem Papier die noch herausforderndere Rolle zu sein scheint. Als stimmiger Gegenpart wurde der präsenter denn je agierende Jeremy Renner besetzt, lediglich Forest Whitaker wirkte temporär, als würde er mit angezogener Handbremse vor der Kamera stehen.

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Trotz einiger und wie so oft rein subjektiver Mankos & Verbesserungsvorschläge bildet „Arrival“ zweifelsohne ein bildgewaltiges und philosophisch angehauchtes Exempel für souveräne, handwerklich perfektionistische Blockbuster-Unterhaltung, die gleichermaßen ein viel zu sporadisch gesehenes Maß an Anspruch entfaltet und zugleich individuelle Gedankenanstöße zu befördern vermag. Obschon das Werk im Hinblick auf die Königskategorie der Oscarverleihung eher einen Mitbewerber als einen Frontrunner darstellen dürfte, ist es dem kanadischen Regisseur gelungen, in Gestalt seiner Premieren-Vorstellung innerhalb der Science-Fiction-Sparte unmittelbar zu überzeugen.

USA / CA 2016 – 116 Minuten
Regie: Denis Villeneuve
Genre: Science-Fiction / Drama
Darsteller: Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker, Michael Stuhlbarg, Tzi Ma, Mark O’Brien, Abigail Pniowsky, Frank Fiola
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