Elizabeth Sloane arbeitet als Lobbyistin in Washington und soll dort auf Stimmenfang bei den US Senatoren gehen, damit ein neues Gesetz zur stärkeren Kontrolle und Durchleuchtung der Motivation eine Waffe zu besitzen verabschiedet wird. Um dieses Ziel zu erreichen kennt sie keine Skrupel, führt Kollegen vor und scheint stets ein Ass im Ärmel zu haben, bis sie selbst von den Opponenten der Waffenlobby vor Gericht gezerrt wird, um durch eine gezielte Schmutzkampagne ihr Ansehen so geschwächt wird, damit dass Gesetz nicht verabschiedet wird…
Drehbuchautor Jonathan Perera landete nicht nur 2005 auf der „Black List“ der beliebtesten unverfilmten Drehbücher Hollywoods, sondern scheint auch ein großer Fan von Aaron Sorkins zu sein. Zwar schafft es Perera mit seinen Dialogen meist nicht die Klasse von „The Social Network“ oder „Steve Jobs“ zu erreichen, Spaß machen seine Dialoge aber trotzdem und werden durch eine handvoll erlesener Darsteller wie Mark Strong, Gugu Mbatha-Raw, Michael Stuhlbarg, John Lithgow oder Allison Pill zum Leben erweckt. Doch keiner agiert so meisterhaft wie die mehrfach oscarnominierte Jessica Chastain, die hier ihre bisherige Karrierebestleistung abliefert und in „Die Erfindung der Wahrheit“ mit einer fesselnden rätselhaften und gleichzeitig eiskalten Aura agiert. Sie verleiht ihrer Figur eine Faszination, die mir auch tagelang nach der ersten Sichtung nicht mehr aus dem Kopf gehen mochte und mich zu einer baldigen Zweiten veranlassen wird.
Zugeben es benötigt vor allem in der ersten Stunde eine sehr hohe Aufmerksamkeit, um den messerscharfen Dialogen zu folgen und zu verstehen warum Chastain die Seite gewechselt hat, sowie um den hochkomplexen Aufbau der Maschenerie der Lobbyarbeit gänzlich zu verstehen. Spätestens aber dann, wenn Chastain uns mehr Einblick in Sloanes Seelenleben gestattet und die ersten Plotwendungen den Zuschauer vor Spannung in die Kinosessel pressen, dann erreicht John Maddens Film die Klasse eines Politthrillers a la „Die Unbestechlichen“ oder „JFK“. Vor allem handwerklich und darstelleisch braucht „Miss Sloane“ den Vergleich zu diesen Klassikern nicht scheuen, denn Kamera, Schnitt und Schauspielführung sind auf allerhöchstem Niveau anzusiedeln.
Wer „House of Cards“ und „Social Network“ mag dem sei „Die Erfindung des Wahrheit“, trotz seines reißerischen deutschen Titels, sehr empfohlen! Wie Jessica Chastain trotz Golden Globe-Nominierung abermals übergangen werden konnte, gleicht einer Farce. Auf Augenhöhe mit der überragenden Leistung von Isabelle Huppert (Elle) wäre sie eine absolut verdiente Oscarkandidatin dieses Jahr gewesen und beweist abermals, dass in Hollywood zu viel Wert auf die richtige Kampagne gesetzt wird, anstelle auf die Filmkunst: Chastains Miss Sloane jedoch wird die Zeit überdauern!