Hotel Artemis

© Global Road Entertainment

Zum Zenit des diesjährigen, hinsichtlich des Klimas vermutlich in die Geschichtsbücher Einzug findenden Sommers offeriert das Kinoprogramm erwartungsgemäß noch immer keine Fülle an nachwirkenden Meisterwerken, aber zumindest darf man sich derzeit über das unerwartete Leinwand-Comeback einer der vielleicht beliebtesten Darstellerinnen unserer Zeit freuen. Vor fünf Jahren erhielt Jodie Foster den Golden Globe für ihr Lebenswerk und kündigte nach dem Dreh zu „Elysium“ an, sich fortan ausschließlich auf ihre Karriere als Regisseurin konzentrieren zu wollen. Dass sie dieses Versprechen nun brach, erweist sich als segensreich, wenngleich man vermutlich nicht erwartet hätte, die zweifache Oscar-Preisträgerin in einem dermaßen speziellen Action-Thriller in Neo-Noir-Manier wiederzusehen. In seinem Regiedebüt begibt sich Drew Pearce auf einen düsteren Pfad mit Endzeit-Atmosphäre und skizziert ein dystopisches, nischenhaftes Gesellschaftsmodell, von dem man nur hoffen kann, dass es sich niemals bewahrheiten wird. Zwar wird das inhaltliche Potential, vor allem die ungeahnte Gegenwartsrelevanz, nicht in Gänze ausgeschöpft, dennoch bietet „Hotel Artemis“ dank starker Einzelsequenzen, sogar (oder insbesondere) für erklärte Asympathisanten des Genres, kurzweilige Unterhaltung.

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Gedreht innerhalb von lediglich 33 Tagen und verortet im futuristischen Los Angeles des Jahres 2028, das wegen der Wasserknappheit zunehmend zum gesetzlosen, subversiven Ödland mutiert, bietet das namensgebende Hochhaus-Quartier ausgewählten, lebensbedrohlich verletzten Schwerbrechern eine stationäre Zuflucht, sofern diese über eine begehrte Mitgliedschaft verfügen. Dass die Titulierung mit Bezug auf die olympische Göttin der Jagd und Ernährung eine Vielzahl an potentiellen Deutungen zulässt, offenbart sich rasch nach dem Opening, das im Hinblick auf Action keine Zeit verliert. Bis zur Mitte des Films und zum Auftauchen des Gangster-Bosses schwebt stets ein Hauch der allgegenwärtigen Eskalation in der Luft, wozu die ungewöhnliche, aber durch und durch sensationell arrangierte Musikzusammenstellung von Cliff Martinez entscheidend beiträgt und neben der grandiosen Arbeit der Maskenbildner und eines vielseitigen Kameraeinsatzes zu den inszenatorischen Vorzügen des Anderthalbstünders zählt. Ab diesem Punkt verliert das Gebotene jedoch ein Stück der inneren Spannung und vermag es nicht, jedwedes Maß an Redundanz zu umschiffen oder das vielversprechende Grundkonstrukt auszubauen, während dies im Finale wiederum besser gelungen ist. Vor allem die sich verschiebenden Sympathie zu den Figuren aus dem kriminellen Milieu lässt das Interesse inmitten einer Phase der Ideenarmut aufrechterhalten bleiben, was auch mit der Spielfreude des Ensembles zusammenhängt. Jodie Foster in der Rolle der betagten, humpelnden Oberschwester, die das „Hotel“ mit strikten Regeln führt, hat man in dieser Art und Weise noch nicht gesehen und ihr gelingt es, der Hauptfigur viel Substanz zu verleihen. Des Weiteren überrascht neben Dave Bautista vor allem die verhältnismäßig unbekannte Sofia Boutella als laszive Auftragskillerin, während Jeff Goldblum bedauerlicher Weise nur ein souveräner Gastauftritt zuteilwird.

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Dass „Hotel Artemis“ an den Kinokassen bis dato eher verhaltene Ergebnisse generierte, verwundert indes aufgrund der speziellen Thematik wieder einmal nicht. Ganzheitlich betrachtet, überwiegen in dem unkonventionellen, sich von unverkennbar abhebenden Spartenmix die Vorzüge bei Weitem, wenngleich man konstatieren kann, dass das Erstlingswerk für einen schnöden Actionreißer zu anspruchsvoll daherkommt, während es für einen gelungenen Dystopie-Thriller allerdings gelegentlich an der nötigen Tiefschürfung fehlt. Seit dem 26. Juli darf Fosters Kino-Rückkehr auch hierzulande einer genaueren Betrachtung unterzogen werden…

USA / UK 2018 – 95 Minuten
Regie: Drew Pearce
Genre: Thriller / Mystery / Action
Darsteller: Jodie Foster, Sterling K. Brown, Sofia Boutella, Jeff Goldblum, Dave Bautista, Zachary Quinto, Brian Tyree Henry, Jenny Slate, Charlie Day, Kenneth Choi, Josh Tillman
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