Le Mans 66 – Gegen Jede Chance (OT: Ford v Ferrari)

© 20th Century Fox

Unabhängig vom zunehmend an Bedeutung verlierenden, geschlechtsspezifischen Schubladendenken lässt sich dennoch eines festhalten, ohne unmittelbar als Sexist zu gelten: Verfilmungen im sportlichen Milieu locken nach wie vor einen überwiegend männlichen Zuschauerkreis ins Kino, insbesondere dann, wenn es um motorbetriebene Varianten geht. So ist es auch im Fall von „Le Mans 66 – Gegen Jede Chance“ von James Mangold, der nach „Walk The Line“ zum zweiten Mal eine Filmbiographie inszeniert und dafür insgesamt vier Oscarnominierungen einheimste. Mit hohem Budget produziert, überzeugt die Bebilderung des titelgebenden Sportwagenrennens, das in 87 Jahren so gefährlich wie prestigeträchtig war und insgesamt 120 Fahrern das Leben kostete, speziell auf audiovisueller Ebene. Abseits dessen möchte sich allerdings trotz ambitionierter Ansätze und dröhnender Motorengeräusche weder Nervenkitzel noch der essentielle Involvierungseffekt einstellen, dessen es bedarf, um eine Lauflänge von mehr als zweieinhalb Stunden zu rechtfertigen.

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Im Zentrum des Werks steht die berüchtigte Rivalität zwischen Enzo Ferrari und dem „zweiten“ Henry Ford. Anhand der Fahrer Shelby und Miles konzentriert sich das Ganze dramaturgisch und personell auf die Gegenüberstellung von Rivalität und gegenseitiger Wertschätzung, die sich gerade im professionellen Sport nicht zwingend ausschließen muss. Trotz des Versuchs, dem Rennzirkus Tiefe zu verleihen, merkt man insbesondere dem wiederholt redundant daherkommenden Skript an, dass gleich drei Personen dafür verantwortlich waren. Szenen voll von Wortwitz wechseln sich dadurch mehrfach mit Phasen des narrativen Stillstands ab, die wiederum für Langeweile sorgen. Des Weiteren gesellen sich ausgedehnte Momente hinzu, in denen diverse Klischees bedient werden und die Dialoge vor allem Macho-Herzen höher schlagen lassen dürften. Die Hybris der beiden Protagonisten inmitten der 60er Jahre wird dabei nur gelegentlich reflektiert, was neben der Abstinenz einer weiblichen Identifikationsfigur wohl Hauptursache dafür bildet, dass man in der Rolle des Zuschauers zwar observiert, jedoch sowohl das Gefühl von Einbezogenheit als auch ein Interesse an den Werdegängen der Beteiligten auf der Strecke bleiben. Weniger Pathos und eine Kürzung um eine halbe Stunde wären wünschenswert gewesen. Insgesamt bleibt es lediglich bei gelungenen Einzelsequenzen, in denen Hauptdarsteller Christian Bale trotz widriger Umstände eine zutiefst souveräne Darbietung liefert und den hauptsächlichen Grund bildet, am Ball (oder sagen wir: am Lenkrad) zu bleiben. Insbesondere seine Schlusssequenz voll ambivalenter Gefühle weiß zumindest versöhnlich zu stimmen. Leider ist es jedoch sein als Co-Lead agierender Kollege Matt Damon, der sein gewohntes Repertoire abruft und dabei allzu häufig völlig facettenarm bleibt. Abgesehen von Jon Bernthal fehlt es bedauerlicherweise an überzeugenden Nebendarstellern.

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Um mit den Worten des raubeinigen Protagonisten Ken Miles zu sprechen, sind nicht nur manche Kraftwagen mit einem „…ein Klumpen Fett…“ vergleichbar „…aufgemotzt, um zu glänzen“, sondern leider auch James Mangolds neueste Produktion selbst, die sich bisweilen selbst im Weg steht und obendrein nicht nur unterschwellig für den angeschlagenen Autokonzern wirbt. Für einen Ausflug in die Geschichte des Motorsports bietet „Le Mans 66“ zumindest einige informative Erkenntnisse und gutes Handwerk, das Gesamtbild lässt einen allerdings oft völlig kalt. Aus diesem Grund bleibt mir der außerordentlich positive Kritikertenor ein kleines Mysterium, denn im direkten Vergleich ist der ebenfalls auf Rennpfaden beheimatete Film „Rush – Alles Für Den Sieg“ das deutlich bessere Porträt. Mit deutlichem Abstand handelt es sich somit um den schwächsten Anwärter für die diesjährige Königskategorie.

USA 2019 – 153 Minuten
Regie: James Mangold
Genre: Drama / Sportfilm / Biographie / Action
Darsteller: Matt Damon, Christian Bale, Jon Bernthal, Caitriona Balfe, Ray McKinnon, Noah Jupe, Josh Lucas, JJ Feild, Tracy Letts, Ian Harding, Wallace Langham, Jonathan LaPaglia
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