Innerhalb von gerade einmal elf Jahren entstanden bis dato sage und schreibe 22 Marvel-Verfilmungen und generierten einen Umsatz in selber Milliardenhöhe, der drei Mal höher ausfiel als jener der gesamten „Star Wars“-Reihe. Am vergangenen Donnerstag startete in Gestalt von „Spider-Man: Far From Home“ der zweite, starbesetzte Teil des Reboots über den zum Superhelden aufgestiegenen Waisenjungen Peter Parker – erneut unter der Regieführung von Jon Watts, dem ein schwindelerregendes Budget zur Verfügung stand. Unweigerlich stellt sich nicht nur dem laienhaften Zuschauer die Frage, ob es tatsächlich der Widmung einer siebenten (!) Realverfilmung über ein- und denselben Heros bedarf. Die Antwort darauf fällt im konkreten Fall auf ein klares, gleichwohl diskutables „Jain“.
Der Weg führt Peter Parker nebst Entourage aus Mitschülern und Lehrkräften diesmal auf eine Exkursion quer durch Europa, das unversehens zum Schauplatz eines illusionsgeladenen Kampfes wird und dem Franchise eine interessante Neuerung beschert. Die rasant geschnittene, visuelle Gestaltung in 3D ist von hohem Einfallsreichtum, bringt sich schon jetzt als potentieller Kandidat für eine Oscarnominierung ins Spiel und weiß insbesondere in den actiongeladenen Sequenzen inmitten von Venedig, Prag, Berlin und London aufzutrumpfen. Nicht nur die latente Angst vor der Zerstörung der malerischen Altstadtviertel generiert einen spannenden und obendrein abwechslungsreichen Drive, sondern auch eine zutiefst unerwartete Wendung in der Mitte des Zweistünders. Nichtdestotrotz offenbaren sich in narrativer Hinsicht trotz oder gerade wegen des primären Fokus‘ auf die optische Sphäre mehrere Mankos, die dazu führen, dass das Skript in den Momenten, die sich explizit an ein jüngeres Publikum richten, flach wie eine sprichwörtliche Flunder anmutet, weswegen auch nur die Hälfte des dargebotenen Humors zündet. Obwohl der Figurenentwicklung insgesamt wenig Bedeutung beigemessen wird, gelingt es jedoch vor allem im Zusammenhang mit dem Finale erwachsenere Töne anzuschlagen. Nach Tobey Maguire und Andrew Garfield schlüpft Tom Holland erneut in den rot-blauen, hautengen Dress, fühlt sich in seiner Rolle sichtlich wohl und illustriert speziell den Hang zu juvenilen Selbstzweifeln ansprechend sowie mit unbestreitbarem Charme. Des Weiteren versprühen Jake Gyllenhaal sowie Marisa Tomei routinierte Spielfreude, während der ehemaligen Darstellerin aus „How I Met Your Mother“ Cobie Smulders endlich einmal ein wenig mehr Screentime zugestanden wird. Unglücklicherweise gelingt es der kompletten Riege an Jungdarstellern flächendeckend nicht, Darbietungen mit einem nennenswerten Wiedererkennungswert abzuliefern und die nicht gerade unbeträchtliche Laufzeit mit Substanz zu füllen.
Dessen ungeachtet, erfüllte das Gebotene jedoch zumindest die Erwartungen an einen soliden Blockbuster und sorgte für kurzweilige, handwerklich ausgeklügelte Unterhaltung, ohne das Rad neu zu erfinden. Aus der Perspektive eines Genre-Laien gesprochen, wurde jedoch eine Menge an inhaltlichem Potential verschenkt, was im angedeuteten, dritten Teil möglicherweise gewinnbringender genutzt wird.