Meine Top 3 aus 1992

1992

1992 dürfte für viele Filmliebhaber einen richtig guter Jahrgang sein. Schließlich hält er, abseits der typischen Oscar-Schinken, einige richtig große Klassiker der Gattung „Unterhaltungsfilm“ bereit: Da hätten wir Robert Zemeckis‘ schwarze Komödie DER TOD STEHT IHR GUT in der Bruce Willis sich mit Meryl Streep und Goldie Hawn rumschlagen durfte und ausnahmsweise gekonnt sein komödiantisches Talent unter Beweis stellte. Tim Burton zeichnete mit BATMANS RÜCKKER ein düsteres Bild von Gotham City im  gothischen Look, das Kult-Status erlangte, bevor Joel Schumacher die Reihe drei Jahre später ruinierte. Al Pacino bekam für seine Rolle in DER DUFT DER FRAUEN endlich einen Oscar. Ausgerechnet Jim Hensons Kultpuppen lieferten mit DIE MUPPETS WEIHNACHTSGESCHICHTE für mich die beste Verfilmung des Dickens-Klassikers ab. Die Hollywood-Satire THE PLAYER von Robert Altman gilt noch bis heute als eine der besten ihrer Gattung. Und einer meiner absoluten Favoriten ist Penny Marshalls Tragikomödie EINE KLASSE FÜR SICH, wo die Frauen-Baseball-Liga während des zweiten Weltkrieges im Mittelpunkt steht (Absolutes Highlight: Tom Hanks als jähzorniger Trainer).

Weitere tolle Filme aus diesem Jahr sind unter anderem WEISSE JUNGS BRINGEN’S NICHT (Wesley Snipes und Woody Harrelson duellieren sich in dieser Sportkomödie im Street-Basketball), ALADDIN (einer der besten Disney-Zeichentrickfilme überhaupt), DER AUSSENSEITER (Trotz Brendan Fraser ein sehenswertes Drama über einen jüdischen Jungen, der auf einem Internat versucht, seine Religion geheim zu halten – Matt Damon und Ben Affleck sind ebenfalls mit von der Partie), EIN GANZ NORMALER HELD (Dustin Hoffman ganz grandios in Stephen Frears‘ Komödie über einen unfreiwilligen Helden), Robert Redfords AUS DER MITTE ENTSPRINGT EIN FLUSS (Ein ausgezeichnetes Drama über zwei ungleiche Brüder mit Brad Pitt in der Hauptrolle) und die wahnwitzige Mediensatire STAY TUNED mit John Ritter.

Man sieht, dass 1992 wirklich zahlreiche ausgezeichnete Filme hervor brachte. Und ich bin mir sicher, dass ihr noch einige Filme parat habt, die ich hier noch nicht aufgelistet habe. Wie immer, war es schwierig, aus dieser Masse drei Favoriten heraus zu picken. Aber hier sind sie:

#3 – RESERVOIR DOGS

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Regie: Quentin Tarantino
mit Harvey Keitel, Tim Roth, Michael Madsen

Ein scheinbar perfekt geplanter Raubüberfall geht furchtbar schief: Die Gangster (U.a. Harvey Keitel, Tim Roth und Michael Madsen) werden  von der Polizei überrascht und sehen sich mit einer tödlichen Schießerei konfrontiert. Die Überlebenden treffen sich in einem abgelegenen Lagerhaus, wo sie sich gegenseitig beschuldigen, dass einer von ihnen ein Polizei-Informant sein könnte…

Quentin Tarantinos Debütfilm ist ein wahrer Klassiker seines Genres. Obwohl PULP FICTION drei Jahre später weitaus mehr Aufmerksamkeit erzielte, wies RESERVOIR DOGS bereits die postmoderne non-chronologische Erzählform auf, mit der Tarantino das Kino revolutionieren sollte. Der Regisseur präsentierte hier außerdem bereits seinen Hang zum Zitatenkino, indem er bestimmte Motive des Westerngenres einbaute und asiatische Gangsterfilme oder Stanley Kubrick zitierte. Eine Vorliebe, die er in späteren Filmen noch weiter ausbaute und inzwischen zu seinem Markenzeichen gemacht hat. Die große Stärke des Films sind vor allem die detailliert ausgearbeiteten Dialoge – mal tragen sie zur Handlung bei und manchmal ist es einfaches Schwadronieren über popkulturelle Themen. Beides bereitet dem Zuschauer auf jeden Fall jede Menge Spaß! Dass die Rahmenhandlung theaterähnlich ausschließlich an einem einzigen Ort stattfindet, kann man als die symbolische Enge verstehen, in die sich die Protagonisten selbst manövriert haben. Tarantino ist selbstverständlich auch bekannt für seine extrem gelungene Songauswahl: Hier bekommen wir mit Songs wie „Stuck in the Middle with You“ oder „Little Green Bag“ bereits einen ersten Vorgeschmack darauf, welchen Stellenwert Tarantino-Soundtracks in unserer Gesellschaft später einnehmen werden. Ein grandioser Debütfilm, vor dem man den Hut ziehen muss!

#2 – ERBARMUNGSLOS (OT: Unforgiven)

unforgiven

Regie: Clint Eastwood
mit Clint Eastwood, Gene Hackman, Morgan Freeman

William Munny (Clint Eastwood) ist ein gealterter Revolverheld und hat seinem früheren Leben als Gesetzesloser inzwischen abgeschworen. Widerwillig greift er noch einmal zur Pistole um gemeinsam mit einem jungen Hitzkopf und seinem alten Partner Ned (Morgan Freeman) einen letzten Job zu erledigen, bei dem 1000 Dollar winken sollen: In der Kleinstadt Big Whiskey wurde eine Prostituierte auf brutale Weise von einem Freier verstümmelt. Der Sherriff (Gene Hackmann) lässt den Täter ohne große Konsequenzen laufen. Die Prostituierten wollen den Mann jedoch tot sehen und haben ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt…

Clint Eastwoods Spätwestern belebte altbekannte Strukturen eines tot gesagten Genres, ohne dabei wie kalter Kaffee zu wirken. Viel mehr gab er dem Film durch eine düstere und teils nüchtern kalte Inszenierung einen neuen Anstrich, indem er alte Sehgewohnheiten aufzeigte und diese durch unerwartete Wendungen aufbrach. Die Darstellung von Gewalt wird hier kräftig entmythisiert. Die Protagonisten hinterfragen ihre gewalttätige Vergangenheit und ein heroisierender Blick auf traditionelle Western-Schießereien wird komplett ausgespart. Dass Eastwood selbst eine Ikone der alten Western-Ära ist, unterstreicht die Ironie des Ganzen. Der Academy hat’s gefallen und kürte den Film mit 4 Oscars für den Besten Film, Regie, Nebendarsteller (Gene Hackman) und Schnitt. Für mich ist ERBARMUNGSLOS mit Abstand einer der besten Western aller Zeiten, den ich mir mindestens einmal pro Jahr anschaue.

#1 – EINE FRAGE DER EHRE (OT: A Few Good Men)

afewgoodmen

Regie: Rob Reiner
mit Tom Cruise, Demi Moore, Jack Nicholson

Auf dem US-Stützpunkt Guantanamo Bay kommt der junge Soldat William Santiago nach einem Angriff seiner Kameraden Dawson und Downer ums Leben. Zunächst ist unklar, ob die beiden Männer den Außenseiter gezielt umgebracht haben oder ob die „Bestrafung“ auf Anordnung von oben erfolgte. Der Militärsanwalt Daniel Kaffee (Tom Cruise) übernimmt die Verteidigung der beiden angeklagten Marines und deckt nach und nach die wahren Hintergründe der Tat auf…

Mit EINE FRAGE DER EHRE präsentierte Rob Reiner einen perfekten Gerichtsthriller, der mit großartigen Darstellungen aufwartet. Neben Tom Cruise und Demi Moore, die in ihren Rollen brillieren, ist es vor allem Jack Nicholson, der in nur vier (!) Szenen die ganze Bandbreite seines grandiosen Könnens zeigen darf. Mit Kevin Bacon. Kiefer Sutherland und Cuba Gooding, jr. ist der Film auch bis in die kleinsten Nebenrollen hochkarätig besetzt. Die große Stärke des Films ist das komplexe, aber durchaus fesselnde Drehbuch von Aaron Sorkin (THE SOCIAL NETWORK), der hier ein dramaturgisch beeindruckendes Duell im Stile „David vs. Goliath“ abliefert. Mit jeder Szene schafft es der Autor, die Spannung bis zum furiosen Finale in die Höhe zu treiben. Und obwohl der Film vermeintlich unter einem patriotischen Deckmantel auflebt, trügt der Schein: Im Kern ist das Werk eine harsche Kritik an militärischen Hierarchien, das Systematiken und Ehrgefühl in diesem Milieu als pure Banalität entlarvt. Schade, dass EINE FRAGE DER EHRE lediglich vier Oscarnominierungen abstauben konnte – aber immerhin gab’s eine Nominierung für den besten Film und für Jack Nicholsons genial diabolische Nebenrolle.

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