Saltburn

Saltburn review – Emerald Fennell's indulgent country house thriller |  Emerald Fennell | The Guardian
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Fleiß und Intelligenz haben Oliver Quick (Barry Keoghan) bis nach Oxford gebracht, ein Stipendium ermöglicht ihm das Studium an der Elite-Universität. So richtig zu Hause fühlt er sich dort aber nicht, es fällt ihm schwer, bei diesen Menschen, die aus einer ganz anderen Schicht stammen, anzuschließen. Eine Ausnahme gibt es jedoch. So ist Felix Catton (Jacob Elordi) ausgesprochen freundlich zu dem Außenseiter und verbringt im Anschluss viel Zeit mit ihm. Als es zu einem traurigen Schicksalsschlag in Olivers Familie kommt, beschließt Felix sogar, ihn mit zu seiner eigenen zu nehmen. Auf dem weitläufigen Anwesen des Adelsgeschlechts lernt er Lady Elspeth (Rosamund Pike) und Sir James (Richard E. Grant) kennen, die Eltern seines Freundes. Aber auch dessen Schwester Venetia (Alison Oliver) und Cousin Farleigh Start (Archie Madekwe) leben in dem prunkvollen Herrenhaus. Sie alle heißen ihn willkommen, obwohl er nicht dazu gehört. Doch bald kommt es zu ersten Spannungen…

Bald vier Jahre ist es her, dass die ursprünglich als Schauspielerin bekannte Emerald Fennell mit ihrem Langfilmdebüt als Regisseurin einen Volltreffer landete. Ihre Thrillerkomödie Promising Young Woman war zwar als Folge der Corona-Pandemie kein größerer Kassenerfolg vergönnt. Doch die Geschichte um eine Frau, die eine eigene Form der Selbstjustiz betreibt, erhielt fantastische Kritiken. Unter anderem wurde der Film für fünf Oscars nominiert, darunter für den besten Film, die beste Regie und das beste Original-Drehbuch – verfasst von Fennell selbst, welches letztendlich auch den Oscar erhalten sollte. Umso größer war die Neugierde, wie das zweite Werk der Engländerin ausfallen würde. Dieses Mal wurde der Kinostart gleich ganz übersprungen zumindest bei uns, Saltburn erscheint direkt auf Amazon Prime Video.

Saltburn": Über diesen Film spricht momentan jeder! - 110min.de
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Aber die Qualität eines Films hängt bekanntlich nicht von dem Medium ab, bei dem man ihn sieht. Tatsächlich ist auch das Zweitwerk der Regisseurin und Autorin sehenswert geworden. Beim Genre setzt sie erneut auf eine Mischung aus Komödie und Thriller. So gibt es immer wieder Passagen, in denen sich Fennell über die seltsame und weltfremde Familie lustig macht, die da in ihrem weitläufigen Eifelbeinturm residiert. Gerade Richard E. Grant und Rosamund Pike haben kein Problem damit, sich als Oberhaupt der Familie in Saltburn zu Witzfiguren zu machen. Großartig! Gleichzeitig gibt es da immer mal wieder düstere Passagen. Manche sind verdeckter, andere offen. Früh ist da beispielsweise eine Szene, in der ein anderer studentischer Außenseiter eine psychotische Seite von sich demonstriert, was hier so sehr aus dem Nichts kommt, dass nicht nur die Anwesenden ihn erstaunt anblicken. Das Publikum daheim vor den Bildschirmen wird es da nicht anders ergehen.

Das macht neugierig, worauf das alles am Ende hinauslaufen wird, zumal sich Fennell nicht in die Karten blicken lässt. Früh wird hingegen deutlich, dass auch ihr zweiter Film sich gesellschaftlich äußern will. Ging es in ihrem Debüt noch um das Verhältnis von Mann und Frau, dreht sich die Geschichte dieses Mal um zwei Klassen, die aufeinandertreffen. So ist Oliver gleich zweimal deplatziert: Erst an der Universität, später in dem Herrenhaus. Er wird vielleicht geduldet, aus verschiedenen Gründen. Doch er gehört nie dazu, gleich was er tut. Das hätte sich für ein richtiges Sozialdrama angeboten. Saltburn geht aber stärker in die Richtung von Parasite, wo sich ebenfalls ein Fremdkörper in bei reichen Leuten festsetzt und sich dort ein neues Zuhause aufbauen will.

Saltburn ending explained | What happened to Felix? | Radio Times
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So wie bei dem vielfach ausgezeichneten Hit aus Südkorea geht das zumindest implizit mit Fragen einher, wer genau da eigentlich wen ausnutzt. Ist Oliver ein Schmarotzer oder ist es die Familie, die von der Arbeit anderer lebt, ohne etwas dafür zu tun? Vergleichbar wendungsreich wie der obige Kollege ist Saltburn dabei nicht. Zwar schlägt auch hier die Geschichte ein paar Haken. Das geschieht jedoch in einer deutlich abgespeckten Version, Spaß macht es dennoch. Der irische Schauspieler Barry Keoghan, der zuvor in The Banshees of Inisherin als tragischer Dorfidiot für Begeisterung sorgte, zeigt auch hier seine ganze Klasse. Die Art und Weise, wie er gleichzeitig Identifikationsfigur und doch irgendwie unheimlich ist, bringt ihm zurecht erneut einige Filmpreis-Nominierungen ein und wenn es gerecht zugeht auch eine weitere Oscarnominierung. Sofern man nach diesem Film das Konzept von „gerecht“ überhaupt noch verwenden mag.

Fazit: Wie schon bei „Promising Young Woman“ setzt Regisseurin Emerald Fennell bei „Saltburn“ auf eine Mischung aus Komödie und Thriller, wenn zwei junge Männer aus völlig unterschiedlichen Schichten aufeinandertreffen. Auch wenn der Film ein bisschen lang ist und nicht ganz so überraschend, macht es Spaß bei diesem etwas anderen Klassenkampf dabei zu sein.

USA 2023 – 130 Minuten
Regie: AEmerald Fennell
Genre: Satire / Thriller
Darsteller: Barry Keoghan, Jacob Elordi, Rosamund Pike, Richard E. Grant, Carey Mulligan, Archie Madekwe, Sadie Soverall, Millie Kent, Will Gibson, Richie Cotterell, Tasha Lim, Aleah Aberdeen, Matthew Carver, Ewan Mitchell, Reece Shearsmith,Gabriel Bisset-Smith, uva.
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